
Womit soll die Beschreibung einer Stadt beginnen, die in ihrer Art einzig ist, sowol durch
ihren Häuserstil als durch ihre räumliche Vertheilung? Die Trachten der Eingeborenen schillern
in allen Regenbogenfarben, hauptsächlich die des schönen Geschlechts; steht doch die Scala der
beliebtesten Farben des Javaners in innigem Zusammenhang mit den Farbentönen der Pflanzenwelt.
Die gelbe und rothe Färbung wiegen vor.
Auf den Köpfen der Männer bunte Binden. Die baumwollenen, mitunter auch seidenen
„Sarongs“ sind nach dem wunderlichen Geschmack der Malaien ebenfalls grell gefärbt. Um zu
begreifen, wie die verschiedensten Nuancen auf einem und demselben Sarong gewonnen und
sozusagen aufgereiht werden, muss man die Art und Weise der Herstellung dieser Stoffe kennen.
Man nimmt z. B. ein Stück Gewebe und begiesst es zum Theil mit Wachs, dann taucht man es
in irgendeine Farbe, lässt es trocknen, bedeckt es streifenweise wieder mit einer Wachsschicht,
färbt es dann wieder auf einen ändern Ton u. s. w. Gewissenhafte Arbeit erfordert viel Zeit.
Schliesslich aber erhält man ein buntes, reiches Gewebe, glänzend wie Edelsteine oder gleich den
Glasgemälden gothischer Dome.
Gruppen von Javanern bewegen sich fast lautlos durch die breiten Strassen, die an
Alleen eines Riesenparkes erinnern, wo jede europäische Wohnung von einem Zaun umgeben ist
und in einem Blättermeer versinkt Die ersten Eindrücke des Touristen sind so fremdartig, dass
er sich anfänglich unwillkürlich scheut, in Kaufläden einzutreten, denn auch diese befinden sich
zuweilen auf schattigen Höfen und gleichen eher stolz abgeschlossenen Landhäusern als Geschäften.
Dass es Läden sind, zeigt häufig nur ein kleines Aushängeschild über dem Eingangsthore an.
Zwischen den braunen Ziegelbrücken über die Kanäle Rijswyk und Molenvliet im europäischen
Stadtviertel sieht man Eingeborene, die sich und ihre Wäsche reinigen. Zweiräderige
Fuhrwerke, „sadu“ (dos ä dos), die mit flinken kleinen Pferden von Sumatra bespannt sind,
versehen den Droschkendienst; sie können als Pendant zu. den centralindischen Tongas gelten.
Die Pferdebahn durchkreuzt die Quais, wo es von Braungesichtern wimmelt; dem Aussehen nach
ähnlich den Süditalienern, sind es sympathische, ausgezeichnet disciplinirte Leute. Zwischen den
Reihen der Autochthonen hindurch huscht nicht selten in Strohhut, schwarzer Kleidung und
Tuchschuhen die selbstbewusste Figur eines chinesischen Krämers, vor welchem ein eingeborener
Lastträger in der Sonnenhitze die Waaren schleppt.
Dann und wann trifft man auf den Strassen halb angekleidete europäische Mädchen und
Kinder. Sogar erwachsene Vertreterinnen der weissen Rasse gehen in solchem für das Klima
bequemen, aber nach occidentalischer Auffassung etwas riskirten Costüm einher, sodass man zuerst
geradezu erschreckt: ein Jäckchen und ein Hemd Einer unserer Seeoffiziere, der vor mehrern
Jahren in Batavia gewesen war, schrieb damals über alles, was er gesehen hatte, in grösster Aufrichtigkeit
an die Seinigen, eine ehrenwerthe Familie in Finland. Die greisen Eltern fühlten sich,
als sie den wahrheitsgetreuen Bericht lasen, beleidigt und meinten nicht anders, als dass ihr. Sohn
sich über sie lustig mache, als er ihnen die schlichten Bräuche der hiesigen Gesellschaft zeichnete;
die alten Leute glaubten eben, ihr Sohn sei in eine Gesellschaft gerathen, in welche ein sittsamer
junger Mann nicht gehört Die Sache klärt sich einfach auf, sobald man die holländische Auffassungsweise
als berechtigt anerkennt, den Grundsatz nämlich: Ausländer, die unter den Tropen
leben, sollen sich bis in die kleinsten Verhältnisse der Lebensweise und den Gewohnheiten der
Eingeborenen anpassen.
Sich, wenn man einmal auf längere Zeit in die Colonien kommt, antihygieinischen Zwang
anthun, ist sehr unvernünftig. Dies gilt auch, wenn man am Tage auf Grund irgendeiner für niemand
nothwendigen Etikette seine Kräfte erschöpft. Die Rücksicht auf die eigene Wohlfahrt erfordert
es, die Zeit möglichst viel im Freien und in Bewegung zuzubringen, ohne Furcht vor der Sonne,
ohne Rücksicht auf Besuche u. s. w. In einem ungemein leichten Anzuge darf man hier nicht
allein seinen Hausarbeiten obliegen, sondern auch am Tage Visiten empfangen und auf Einkäufe
ausgehen.
Was hat man nicht alles wider das Klima des Sunda-Archipels geschrieben! Sein Einfluss
auf Europäer galt lange Zeit für verhängnissvoll. Es ist auch wahr, dass nur ein kleiner Theil
derselben reich und gesund in die Heimat zurückkehrte. Der schlechte Ruf des Tropenklimas
war viel grösser, als es verdiente. Erst in der Folge lernten die Colonisatoren einsehen, dass
die unter ihnen herrschenden Krankheiten und die Sterblichkeit fast ausschliesslich nur von der
gesundheitswidrigen Lebensweise herrührten. Als die Ursachen nach und nach verschwanden, boten
Java und seine Nachbarländer einen ganz ändern Anblick dar. Es. lag klar am Tage, dass man
unter den Tropen sehr lange und zu seinem Vergnügen leben kann, ohne auch für einen schwächlichen
Organismus im geringsten Gefahr z
der frühem Staatsmänner Niederländisch-
Indiens aus dem 1 7. und 18. Jahrhundert
zu werfen, auf jene Träger schwerer
Staatsröcke und Perücken, um sich sofort
klar zu werden, weshalb damals der
Tod’ so reiche Ernte hielt Verderblicher
als alles andere wirkten hier die
Tracht und der Alkohol Denken wir
uns z. B. irgendeinen Emigranten, der
nach damaliger Sitte zum Besuch seiner
Landsleute im Schnürrock, mit schwerem
Kopfputz, Degen und Spazierstock eintrat;
sofort begann ein Trinkgelage, infolge
dessen die Kräfte .mit verdoppelter
Schnelligkeit zusammenschmolzen. Man
muss sich überhaupt wundern, welch
unerhörter Gesundheit und Ausdauer sich
die ersten Colonisatoren des Archipels
erfreut haben.
Als die Holländer sich allmählich
mit der Lebensweise der einheimischen I
den Eingeborenen vieles Vernünftige und Nützliche an und machten sich viele ihrer Gewohnheiten
zu eigen. Seit dieser Zeit steht es mit der Gesundheit der hiesigen Weissen viel besser
als in den übrigen europäischen Colonien. Wenn sie sich ebenso auf den Sport verlegten
wie die Engländer, die in dieser Beziehung den ersten Rang einnehmen, so würden sie sich
noch weit besser befinden. Die Hygieine verlangt hier, dass man möglichst wenig isst und
nicht allzu oft den Durst löscht. Reis, Wildpret, Obst und Früchte, überhaupt alles, was
wenig Kohlenstoff enthält, ist dem Menschen zuträglich und bewahrt seinen Organismus vor Erkrankung.
Die Malaien, Hindus und Chinesen, die seit alters Java bewohnen pgsind physisch
stark, fürchten sich nicht vor Ermüdung, sind geistesfrisch und langlebig. Der Ausländer, der
ihr Beispiel befolgt und es sich angelegen sein.lässt, ihre nüchterne Lebensweise nachzuahmen,
wird bei weitem nicht - so rasch an Blutarmuth, Bleichsucht, Reizbarkeit der Haut und der
Leber leiden. Es empfiehlt sich, morgens früh aufzustehen und kalten Kaffee mit heisser
Milch zu trinken. Am besten thut man daran, die Arbeit vor Eintritt der Mittagshitze zu