
JAVA.
Donnerstag, 5. März.
-T rüh morgens macht sich das Geschwader auf den Weg nach Batavia, geleitet von dem
Lootsenschiffe „Lucifer“ , das die holländische Regierung dem Grossfürsten-Thronfolger zuvorkommend
entgegengesandt hatte Die Ueberfahrt dauert ungefähr 48 Stunden.
Die Schönheit der Tropennatur am Tage und die vom Wetterleuchten durchzucke lautlöse
Finsterniss der Nächte erquicken die Seele. Die Blicke berauschen sich an den blühenden Gestaden
der malaiischen Inselflur, an denen wir entlang fahren. Welch üppige Vegetation. Wie
hell glänzen die Baumstämme! Merkwürdig, dass „sie diese helle Farbe der Rinde mitten im
Reiche des blendendsten. Sonnenglanzes, in .der heissen Heimat des braunen Menschen ange-
nommen haben. Das Laubwerk erscheint aus der Ferne in wild zerrissenen Cohföj&eh,: nicht in
jenen ausgeglichenen Umrissen, an die die Bewohner eines gemässigten Klimas gewohnt sind. Das
dunkle und doch blitzende Grün des weithinverschlungenen Gezweigs der .Waldriesen schillert in
ziegelrothen und gelben Tönen. Nur der schroffe. Wärmereflex bewahrt das Laubdach vor über-
massiger Durchwärmung.
Hier und da erglänzt auf dem Spiegel der Buchten das, orangerothe oder schwarze Segel
eines Malaienbootes mit weitem, plumpem Hintertheil und halbnackten, muskulösen Engeborenen-
mit schildförmigen, hellblauen Hüten. Das Meer schmiegt sich in violetten Farbentönen den
nächsten Inseln an. Leise nur athmet es über dem träumerischen Abgrund, in welchem ein Con-
tinent der Vorzeit verborgen liegt, und wo durch vulkanische Kraft unsichtbar ein neues Festland
sich aufbaut. Der ins Weisse spielende Himmel umsäumt sich nicht selten mit-finstern Regenwolken.
Düstere Schatten huschen dann über die unermesslichen Dschungeln und die Wasserfläche.
Doch die Nächte! Wo fände man Worte, den Phosphorglanz am gewittererfüllten Horizont
zu schildern? Die Silberkämme der Wogen erheben sich in abgemessenen Pausen aus der undurchdringlichen
Finsterniss,-und zahllose Funken sprühen in iangen Streifen wie aus einem Diamantfächer
im Kielwasser der Fregatte empor. Die ganze Milchstrasse erstrahlt in geheirnnissvollem
Azur unter uns und über unsern Häuptern, in der Ferne aber lodern Raketen gleichwie die Irrgestalten
des Wetterleuchtens in die Höhe.
Sonnabend, 7. März.
Schon haben wir den hohen eisernen Leuchtthurm passirt, der uns die Nähe von Batavia
ankündigt. Die Morgenkühle verschwindet allmählich, ein Vorgefühl der am Lande zu erwartenden
Temperatur beginnt sich einzustellen. Die Vulkane von Java erheben sich, von Wolken umgürtet,
im Hintergründe, sodass ihre Gipfel zeitweilig in der Luft zu hängen scheinen. Punkt 10 Uhr
wirft das Geschwader auf der Aussenrhede des neuangelegten Hafens Tandjunk Priok Anker.
Eine Menge von Kähnen und kleinen Dampfern umringt unter klingendem Spiel unser Schiff.
Damen winken mit den Taschentüchern. Herzliches Willkommen schallt uns seit Aegypten zum
ersten male wieder aus den herbeigeeilten Menschengruppen entgegen. Unwillkürlich fühlt sich
das Herz wieder froh und frei. Es ist ersichtlich, dass die Holländer uns nicht nur einen
officieilen, sondern auch einen aufrichtig empfundenen freundlichen Empfang bereiten. Kein Wunder!
Hier hat man für uns von alters her unzweifelhafte herzliche Sympathie. Russenhass hegen
eigentlich im fernen Osten nur jene Elemente mit Grund, denen wegen ihrer Unterdrückung der
Lebensordnung der Eingeborenen Russland als eine die Asiaten zur Einheit führende Macht
rächend gegenübertritt.
Unter den üblichen Salutschüssen kommt uns der Generalgouverneur der indp-niederländischen
Colonie, Dr. jur. Pynacker Hordyk, entgegen, mit ihm Viceadmiral Ten Bosch und
der Generalsecretär der Colonialregierung W. O. Gallois,
Nach der Vorstellung der Herren verlassen Ihre Hoheiten mit dem Gefolge das Geschwader.
Die holländischen Schiffe prangen in Flaggengala; enthusiastische Hurrahrufe schallen über das
Meer, bis wir ans Land steigen.