
Freitag, 13. Februar.
Der Grossfürst-Thronfolger begibt sich morgen mit der Eisenbahn in Begleitung der Grossfürsten
Alexander und Sergius Michailowitsch und des Prinzen von Griechenland, sowie des Sir
Havelock in das Innere der Insel
Die ersten 60—70 Kilometer weit erstreckt sich eine sumpfige Niederung mit blassgrüneri
Reisfeldern und endlosen Palmenhainen, die bis an den Bahndamm herantreten. Grosse buntschillernde
Schmetterlinge
flattern empor
und verlieren sich
in dem bezaubernden
Dunkel der Haine.
Ab und zu blinkt ein
mit Lotusblumen bedeckter
Teich, über
welchem Vögel kreisen.
Unbeweglich
stehen hier und dort
im Schlamme des
feuchten, fruchtbaren
Bodens zahme weisse
Büffel herum.
Der Schienenweg
nach Kandi, der
harte Arbeit und in-
' folge des mörderischen
Klimas viele
Menschenleben (in
dem sogenannten.
„Thale der Todesschatten
“ ) kostete,
durchschneidet ein
Gebiet, das eine nicht
unbeträchtliche historische
Vergangenheit
besitzt, die Arena des
hartnäckigen Kampfes,
den das Ceylon
des Gebirges mit den
'i WASSERFALL AUF CEYLON, V ; _ ¡ g g j g j g g | | J |
eingedrungenen Elementen geführt hat, von den Zeiten des Helden Rama und der tamulischen
Eroberer an bis auf die Europäer.
Die Stationsgebäude mit barfüssigen Bahnwärtern in blau-rothen Gürteln, die dicken, kurzen
Säulen an diesen plumpen Gebäuden, überrankt von Kletterpflanzen und Blumen, das goldfarbene
Gewand der Bonzen mit nackter rechter Schulter, unförmlich grossen Ohren und abrasirten
Augenbrauen, die purpurrothen Turbane mancher Eingeborenen von semitischem Typus, alle diese
Formen und Farben fliessen in ein harmonisches Ganzes zusammen! —
Die Fahrt geht ziemlich langsam. Um so angenehmer ist es,, die interessante Gegend zu
betrachten. Sie wird zusehends gebirgiger und formen- und farbenreicher. Schwarzes Gestein
wechselt mit grauen Felsvorsprüngen; wahre Laubdome erheben sich aus den Thälern zwischen
majestätischen Hügeln; aus den Kafieepflanzungen lugen braune Hüttendächer hervor. Wasserfälle
blinken silbern neben dem in Laubwerk versinkenden Fusspfade, und ab und zu taucht aus dem
Blättermeer ein AefFchen empor. Bambusstauden mit grünen glänzenden Stämmen breiten sich als
Riesenbouquets über die im Dickicht verschwindenden Gewässer.
Die Bahn nach Kandi steigt in einer verwegenen Linie bergan , schlingt sich an senkrechten
Abgründen entlang, aus denen der Urwald emporstarrt,
und dringt durch regellos übereinander ge-
thürmte Felsmasseri. Von der Station Rambukana
an steigt die Bahn in ein Gebiet, das an landschaftlicher
Schönheit seinesgleichen sucht.
Es sind Bilder, die in blauer Ferne durch
die scharfumrissenen, kahlen, mehr als
2000 Meter über den Meeresspiegel emporragenden
Bergrücken abgeschlossen werden.
Ein Berg derselben ähnelt einem
Ungeheuern Büche und heisst deshalb
„Bible Mountain“ , ein anderer, der „Utu-
wankanda“ , gleicht einem Kamelrücken;
an den dritten (den „Alagalla“ ) knüpft
sich die Erinnerung, dass die Fürsten
von Kandi die eines Vergehens schuldigen
Unterthanen von ihm herab in.
den Abgrund stürzen Hessen. In Terrassen
senken sich künstlich bewässerte
Reisfelder thalwärts, dann folgen
Theeplantagen.
Der interessanteste Punkt der
Bahn ist der „Sensation-Rock“ . Nach
einer Reihe von Tunneln fährt der
Zug am Rande einer senkrechten
Gneiswand hin. Diese ist ohne alle
Vegetation, die hier sonst jeden Stein
überzieht und mit zierUchen Blumen-
guirlanden über der Tiefe schwebt.
Die Kunst der Ingenieure hat die natürliche
bambusstaüde.
Unzugänglichkeit des Innern von Ceylon überwunden; dafür kostete der Eisenbahnbau etwa 40 Mil-
Honen Mark, d. h. 300000 Mark per Kilometer. Die Bahn senkt sich allmähHch riäch Peradenia hinab.
Da wir in unmittelbare Berührung mit dem auf der Insel herrschenden Kultus des Shakya-
Muni treten, wird es nicht unpassend sein, wenige Worte nicht sowol über die SteUung dieser
ReHgion im Lande|jj- über die ReHgion selbst wird später eingehender die Rede sein — als vielmehr
über die ethischen Principien zu sprechen, die ihrer Stiftung zu Grunde lagen und den Erfolg
des Buddhismus in Asien ermöglichten.