
proclamirt hatte, machte aus seinem Argwohn gegen das Erscheinen des neuen Elements aus dem
Abendlande kein Hehl. Den Eingeborenen drängte sich der Verdacht auf, dass in den Holländern
maskirte Feinde steckten, wenn nicht gar verkleidete Portugiesen. Endlich zeigte sich der Fürst
doch geneigt, den Admiral zu empfangen.
Spilbergen wurde in der Gebirgsresidenz von einer tausend Mann starken Ehrenwache empfangen,
die mit den Fahnen der Portugiesen, zum Theil sogar mit den ihnen abgenommenen Gewehren
ausgerüstet war. An dem Triumphzuge, den man arrangirt hatte, nahmen auch weisse Gefangene
theil, denen man zum Zeichen ihrer Hülflosigkeit die Ohren abgeschnitten hatte! Der Admiral
legte die holländische und unbegreiflicherweise auch die portugiesische Flagge zu den Füssen
des Herrschers von Kandi nieder, dann bemühte er sich, den König zu überzeugen, Holland verfolge
kein anderes Ziel als das, des Kaisers von Ceylon Feinde auch als seine eigenen Feinde
zu betrachten. Der Kaiser schloss den Gesandten tiefgerührt in seine Arme und ertheilte ihm
die Erlaubniss zum Bau von Festungswerken an der Küste. Zum Beweise der Aufrichtigkeit seiner
Vorschläge befahl der Admiral, das erste beste portugiesische Kauffahrteischiff, das ihm in Sicht
komme, zu kapern und sammt der Fracht dem Gebieten von Kandi zum Geschenk zu machen.
Im Anfang machte die gegenseitige Annäherung der beiden Völker anscheinend Fortschritte.
Als aber Spilbergen Ceylon verlassen hatte, trug der Vertreter des Admirals seinen Ueber-
muth allzudeutlich zur Schau. Eines Tages liess er sich in trunkenem Zustande sogar eine Beleidigung
des Kaisers zu Schulden kommen, worauf die Höflinge ihn sammt seinem Gefolge tödteten. Der Fürst
sandte hierauf an die Landsleute der Ermordeten die.originelle Botschaft: „Gott ist gerecht. Wer trinkt,
den ereilt Missgeschick. Wenn ihr den Frieden wollt, wohl, so mag Friede herrschen, wenn Krieg,
wohl, so mag der Krieg entbrennen.“ Die niederländische Regierung konnte sich nicht entschliessen,
die Handelsvortheile dem Ruhme der Nation zu opfern. Der neue Gesandte, Boschouwer, führte
sämmtliche Unterhandlungen sehr geschickt und stahl sich dermaassen in das Vertrauen des Kaisers
ein, dass dieser ihn zu seinem intimsten Rathgeber machte, ihm den Rang eines Fürsten der ältesten
Residenz der Insel, Anaradhapuras, verlieh und ihn unter anderm zum „Ritter der Sonne“ ernannte.
Die Portugiesen erkannten, dass die Dinge für sie eine ungünstige Wendung nahmen.
Zweimal schlugen sie sich mit grösser Kühnheit in das Bergland zur Residenz durch, aber alles
war umsonst Zu jener Zeit reiste der „Fürst von Anaradhapura“ nach Holland und stellte
bei den Generalstaaten das Gesuch um sofortige Hülfe für Ceylon, die Generalstaaten jedoch
zeigten angesichts des Stolzes und der Unabhängigkeit, mit der sich Boschouwer. vor ihnen geberdete,
dazu keine Lust, da er nicht wie ein Vertreter der holländischen Interessen, sondern eher
wie einer der Heerführer der buddhistischen Bevölkerung auftrat Daraufhin gewann er den König
von Dänemark, Christian IV., welcher wohl begriff, wie vortheilhafi: es für jedes abendländische
Volk sein müsse, festen Fuss in dem tropischen Durchgangslande zwischen den reichsten Ländern
des Orients zu fassen. Boschouwer segelte mit fünf dänischen Kriegsschiffen zurück, starb aber
unterwegs, und die kühn ausgedachte Expedition hatte keine weitern Folgen. Folgen anderer Art
sollten aber nicht lange auf sich warten lassen. Der tapfere portugiesische Gouverneur von Kolombo,
Constantin de Saa, erschöpfte allmählich seine Kräfte im Kampfe mit den Eingeborenen. Als diese ihn
in einen Hinterhalt gelockt und er sich von der Unmöglichkeit überzeugt hatte, sich mit Ehren durchzuschlagen,
stiess er sich einen Dolch ins Herz. Sein blutüberströmtes Haupt wurde von den frohlockenden
Ceylonesen sofort auf einer Trommel dem Kaiser von Ceylon überbracht. Doch dieser fühlte
den Boden unter seinen Füssen nicht sicher und liess sich auf die Verpflichtung ein, trotz der von
seinem Heere errungenen Siege den Portugiesen als eine Art neuen Tributes zwei Elefanten zu schicken.
Das ferne Batavia blieb gegenüber den auf Ceylon sich abspielenden Ereignissen nicht
gleichgültig und rüstete eine Flotte aus, um den Kampf mit den Lateinern fortzusetzen. 1658 ergab
sich das portugiesische Kolombo den Holländern, obgleich die Kandier insgeheim und öffentlich
alle Mittel angewendet hatten, diese Uebergabe zu hintertreiben: eis war zu spät! . . .
Nach einer mehr als hundertjährigen Herrschaft der Niederländer auf der Insel begann Madras
neidisch auf die reiche Colonie zu blicken; es knüpfte Unterhandlungen mit der unzufriedenen
Gebirgsresidenz an, und als die Holländer in der Heimat unter dem Drucke des republikanischen
Frankreichs litten, besetzte es die Küste.
Die ersten englischen Administratoren erwiesen sich nicht als mustergültig und hatten in
der Verwaltung eine viel weniger glückliche Hand als ihre Vorgänger, da sie sich um die Bedürfnisse
und Sitten der einheimischen Bevölkerung gar nicht kümmerten. Hand in Hand damit waren Intriguen
gegen den Herrscher von Kandi im Gange, der sein Geschlecht von den adeligen Telugu
aus Madura ableitete, die auf Grund ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen zu der frühem einheimischen
Dynastie auf den Thron gelangt und den herrschbegierigen Nachkommen der ältern
fürstlichen Geschlechter sehr verhasst waren.
Da es für die Engländer gefährlich war, sich in das Innere der Insel zu wagen, verschrieb
man sich für die unangenehme Expedition Sipahis aus Indien, sowie Malaien; die Weissen zogen
vor, sich mit den Leibern der Asiaten die besten Theile Asiens zii erobern und nur hin und wieder
unmittelbaren Antheil an dem ungemüthlichen Kampfe zu nehmen. Dieser war durchaus nicht
immer von Erfolg gekrönt. Im Jahre 1803 ermordeten die Kandier, unter Beihülfe von nach Ceylon
übergesiedelten Kaffern, plötzlich 300 Engländer, die zeitweilig in Kandi als Occupationstruppen
standen. Die mit ihnen zugleich entwaffneten 700 malaiischen Soldaten wurden verschont, wiewol
sie sich mit ihren vergifteten Dolchen (Kris) bis aufs äus'serste gewehrt hatten.
Die Regierung von Kolömbo zögerte, für das Blutvergiessen Rache zu nehmen. Allerdings
drang ein englischer Offizier mit einer Hand voll Leute heldenmüthig ins Bergland vor, er vermochte
jedoch dort sich nicht zu halten und trat den Rückzug an. Die Europäer beschränkten
sich bis zum Jahre 18 15 auf die Vernichtung der Felder und Fruchtbäume der unbotmässigen
Eingeborenen, auf die Einäscherung ihrer Tempel und Dörfer u. s. w. Der einheimische Herrscher
liess seinerseits die fremden Kaufleute, die für britische Unterthanen galten, festnehmen und entliess
sie dann mit abgeschnittenen Nasen. Dieses merkwürdige Verhältniss zog sich bis zum Ausbruche
innerer Unruhen hin, die sich die Engländer sofort geschickt zu Nutze machten. Sie bemächtigten
sich der Hauptstadt und setzten den beim Volke wegen seiner ungewöhnlichen Grausamkeit nicht
beliebten König ab.
Die russischen Fregatten werden auf der Rhede von Kolombo festlich bewillkommnet. Bpote
von fremdartigem Typus (sogenannte „Auslegerboote“ ) , ungewöhnlich' enge Nachen mit einem
Balken, der zür Sicherung gegen das Umschlagen parallel zum Boote und etwas davon abstehend
angebracht ist, huschen um uns herum und erinnern daran, dass- mit ihnen bereits der malaiische
Orient anfängt, da die Araber und die indischen Küstenfahrer solche Boote nicht benutzen.
Die Stadt erglänzt in wundervollem Grün; Palmen nicken mit ihren Wipfeln von den niedrigen
Sandstreifen des Festlandes her, das in der Ferne fast ganz in der Brandung versinkt. . . Der
colossale, etwa iy 3 Kilometer lange Hafendamm ist mit Zuschauern besetzt Auf seinen Quadern
drängen sich unter ihren Sonnenschirmen die weibischen Ceylonesen in bunten Jacken (Kambaya)
und mit Schildpattkämmen in den chignonartig zusammengefassten, von Kokosnussöl glänzenden
langen Haaren, eine eigenartige Männerwelt, die nur durch den Bart von dem schönen Geschlecht
unterschieden werden kann.
Vor dem Bestehen des 1875 begonnenen, 1885 beendigten Molo waren die Dämpfer oft
nicht im Stande, hier Ladung einzunehmen. Heute ist es still, aber doch schlägt die Brandung
Orientreise. II. 24