
sie die von mir oben ausgesprochenen Ansichten über die anormale Natur der Beziehungen Europas
zu den Völkern des Orients bekräftigt Man kann daraus auch den hohen Grad der Widerstandskraft
ersehen, welche diese Orientalen den Eindringlingen gegenüber entfalteten, bis schliesslich
die abendländische Invasion die Ceylonesen zwang, sich immer demüthiger vor ihr zu beugen.
Als die Portugiesen an der indischen Küste festen Fuss gefasst hatten und noch weiter
östlich vordrangen, wandten sie anfänglich dem schönen Lanka keine Aufmerksamkeit zu. Nur zufälligerweise,
indem sie mit schonungsloser Hartnäckigkeit die verhassten muhammedanischen Kaufleute
und Seefahrer verfolgten, liefen die Söhne Lusitaniens in einen ceylonesischen Hafen ein, wo
Bekenner des Islam gerade im Begriffe standen, mit einer kostbaren Schiffsladung Elefanten abzusegeln.
Allmählich knüpften die Portugiesen Beziehungen zu dem ziemlich machtlosen König Pra-
krama Bahu IX. an, der nicht weit von Kolombo residirte. Der Landesherr wollte die ihm sehr
nützlichen und überaus thätigen Muhammedaner nicht schädigen, war aber auch nicht abgeneigt,
mit den ersichtlich reichen, gut bewaffneten Ankömmlingen in gewinnreiche Handelsbeziehung und
in verlockende Allianz zu treten. Schon sehr bald erwiesen .sich diese Wechselbeziehungen als
ganz unnatürlich. Die fanatischen, durch den Erfolg berauschten Portugiesen blickten bald genug
auf die Rechtsordnung und die Sitten Ceylons von oben herab, wo man andererseits von den
feindlichen Gefühlen gegen die in Panzer gehüllten Ankömmlinge nicht lange Hehl machte.
Die gelandete, in Kolombo sich verstärkende Vorhut des Vicekönigs von Goa erwies sich
für die Eingeborenen verdächtig und gefährlich. Ein blutiger Zusammenstoss mit ihnen brachte
die Ceylonesen in noch ärgern Streit und Hader mit den stolzen Fremden, und im Laufe von
anderthalb Jahrhunderten nahm dieses Verhältniss keineswegs mildere Formen an, vielmehr konnte
die kalte Grausamkeit der europäischen Krieger mit den Hinrichtungen wetteifern, mit denen die
auf ihrem Throne sich nicht mehr sicher fühlenden einheimischen Fürsten den in ihrer Treue
schwankenden Unterthanen'ein höheres Maass von Achtung und Furcht einzuflössen suchten.
Beim ersten Auftauchen der Portugiesen mit dem Gebrauch der Feuerwaffen noch unbekannt,
übertrafen die einheimischen Buddhisten ihre Lehrer bald in deren Handhabung und Herstellung.
Die ceylonesischen Gewehre wurden im ganzen Orient wegen ihrer Vorzüglichkeit und ihrer kostbaren
künstlerischen Damascirung berühmt. Selbst Frankreich vermochte damals mit den ausgezeichneten
Waffenschmieden Ceylons nicht zu concurriren. Energische Patrioten organisirten im
Innern des Landes eine Armee, überfielen mehrmals das von den Feinden besetzte Kolombo und
umschnürten dasselbe wie mit einem eisernen Ringe, sodass die von den Leiden der Belagerung
entkräfteten Portugiesen Leichname einsalzten, üm Fleisch im Vorrath zu haben. In der Hungers-
noth sollen sich (horribile dictu!) Mütter entschlossen haben, ihre eigenen Kinder zu essen. In der
Hitze der gegenseitigen Zerstörungswuth verloren die verwilderten portugiesischen Soldaten allmählich
jedes. Gefühl, vergewaltigten die Bevölkerung in der empörendsten Weise und zeichneten
Momente ihres Triumphes durch unerhörte Grausamkeiten aus. So hatte ein kühner Ceylonese
das Unglück, in Gefangenschaft zu gerathen. Ein Soldat, der ihn um seine Tapferkeit beneidete,
schritt zu dem in Ketten liegenden Krieger, schnitt ihm öffentlich das Herz aus dem lebendigen
Leibe und trank gierig das Blut desselben. . . . .
Die Führer der unnachgiebigen Nationalpartei auf Ceylon führten den Krieg gegen die
Weissen mit wenig dauerhaftem Erfolg. Wiewol sie sich der Hülfe der Muhammedaner bedienten,
verriethen sie diese auf schmachvolle Weise im Augenblicke der Gefahr und lieferten den Portugiesen
einmal sogar die Köpfe der Bundesgenossen auf Lanzenspitzen aus.
In den Niederungen um Kolombo ohne Hülfe gelassen und den Gebirgsbewohnern entfremdet,
suchten sich die Könige der Insel den Europäern durch Dienstfertigkeit gefällig zu
erweisen, und erblickten in ihnen, zum Theil ihre Beschützer gegen Hof intriguen und gegen die
Vertreter der unabhängig gesinnten Eingeborenen. Wenn es nöthig war, so nahmen diese
sogenannten Häupter des Volkes sammt ihren Familien sogar das Christenthum an und erhielten
dann die hochklingenden Namen: Dom Juan, Dom Philipp, Dona Katharina u. s. w. Auf dem
Felde der Bekehrung waren hier besonders die Franziskanermönche thätig. Von dem Wunsche
beseelt, einem unmündigen Enkel die Anerkennung der Thronfolge zu verschaffen, schickte der
charakterschwache Fürst Buvaneka VE. dessen goldene Statue nebst einem juwelenübersäeten
Diadem nach Lissabon, wo man sie im Jahre 1541 mit den gebührenden Ehren empfing. Auch
damals war es aber für die Portugiesen unmöglich, in das Innere des Landes vorzudringen. Die
Macht der im Innern Regierenden wuchs darum bald sö gewaltig an, dass ein Gegenkönig
Radscha-Singha („der Fürst-Löwe“) in der Lage war, aus dem Berglande mit einer Armee von
50000 Mann vor Kolombo zu rücken, in Begleitung von 2000 Elefanten und einem colossalen,
mit Ochsen bespannten Proviantzuge. Die Portugiesen waren aber nicht gesonnen, ihren Gegnern
etwas schuldig zu bleiben, und machten sich kurzer Hand daran, die einheimischen Dörfer längs
des Gestades niederzureissen, beim blossen Verdacht, dass deren Bewohner feindliche Gefühle gegen
sie hegten. Bei diesem Vernichtungs^yerke hieb man den Kindern Arme und Beine ab, um den
Gold- und Silberschmuck bequemer abstreifen zu können, und vor den Augen der Mütter spiessten
die christlichen Soldaten Säuglinge auf. Die weissen Barbaren machten sich den Spass, die Krokodile
mit Gefangenen zu füttern. Stellenweise gewöhnten sich die Thiere so an das Menschenfleisch,
dass man ein Opfer nur zum Flusse zu bringen brauchte, und Dutzende der Ungethüme
streckten ihre Köpfe aus dem Wasser empor und schnappten nach der Beute. Kein Wunder, wenn
die Küstenbewohner scharenweise ins Dschungel und in die Berge flüchteten, da sie lieber in der
Verbannung ein halb thierisches Dasein führen, als sich fanatischen Fremdlingen unterwerfen wollten.
Die Gerüchte über die raffinirte Grausamkeit der Europäer erhielten sich im Lande so lebendig, dass
lange nachdem die Söhne Lusitaniens durch andere Colonisatoren verdrängt worden waren, der
König von Kandi im Jahre 1664 in das holländische Kolombo einen hohen Beamten, der sich
eines Vergehens schuldig gemacht hatte, mit der Bitte schickte, ihn den in Europa üblichen
Foltern zu unterwerfen, d. h. ihn mit vollendet abendländischer Herzlosigkeit hinzurichten. Das
Ergebniss all der Grausamkeiten der Portugiesen war, dass der Antagonismus zwischen ihnen
und den Ceylonesen sich immer mehr verschärfte, und sie genöthigt waren, auf der Insel ständig
eine Armee von 20000 Mann zu unterhalten. Unter solchen Umständen konnte sich der Handel
nicht entwickeln, die Kriegsausgaben dagegen wuchsen mit der Zeit über alle Steuerkräfte hinaus.
Obwol die Eingeborenen ebenfalls unter die Soldaten des Vicekönigs eingereiht .wurden, war doch
auf sie kein Verlass. Kolombo gedieh trotzdem üppig, beherbergte Tausende von vornehmen portugiesischen
Familien und bedeckte sich bald mit christlichen Tempeln und Klöstern.
Die Holländer erschienen fast als die Befreier Ceylons vom portugiesischen Joche. Auch sie
dachten, als Nation, zunächst ebenfalls nicht daran, selbständigen Handel mit dem fernen Orient zu
treiben, und begnügten sich damit, Schiffe in den Hafen von Lissabon zu senden, um von dort die
Waaren und die Gewürze Indiens nach dem Norden zu übermitteln. Als aber der König von Spanien,
Philipp ü., 15 80 sich die Krone von Portugal aufgesetzt hatte, legte er aus Hass gegen die Ketzer Beschlag
auf holländische Kauffahrer an seinem Gestade; da drängte sich diesen unwillkürlich der Wunsch
auf, nach Indien zu fahren und dort im Kampfe mit den Portugiesen Gleiches mit Gleichem zu
vergelten. Dies bildete den Anfang der holländischen Colonialpolitik, den Keim ihrer zukünftigen
Grösse im fernen Osten. Das blühende, bezaubernde Ceylon zog die Blicke der Seefahrer auf sich,
die den Einfluss Hollands, ihres Vaterlandes, bald bis nach Java und noch viel weiter ausdehnten.
1602 landete auf Ceylon das erste holländische Kriegsschiff unter dem Oberbefehl des
Admirals Joris van Spilbergen. Der Bergkönig, der sich ungefähr um diese Zeit zum Kaiser der Insel