
des umfangreichen Gepäckes arbeiten. Der Donner der Salutschüsse wechselt mit dem mächtigen
Rauschen der Wogen.
Zur Begleitung nach Ceylon sind vom Grossfürsten eingeladen: M. K. Onou, Oberst Gérard,
Mackenzie WaÜace und Hardinge. Der Muhammedaner Munschi Aziz Uddin erkrankte in Tritschi-
nopoly an der Cholerine und blieb zurück. Capitän Grover und Lieutenant Newnham kommen
an Bord der „Pamjat Asowa“ , um sich officiell zu verabschieden. Sie nehmen reiche Geschenke
nach Nordindien mit als Andenken Sr. Kaiserlichen Hoheit für das königliche Dragonerregiment
zu Mathura, in dessen Listen der berühmte Centralasienforscher Younghusband figurirt, und für
das in der englisch-indischen Kriegsgeschichte sehr bekannte 16. Ulanenregiment in. Lucknow,
in deren Offizierscasinos der Grossfürst-Thronfolger das Diner eingenommen hatte.
Das niedrige sandige Ufer verflacht sich immer mehr. Das Meer brandet weissschäumend
an dem mit Sandbänken besäeten ziemlich breiten Strande. Hier befinden sich die berühmten
Perlmuschelbänke; die schon die alten Aegypter und dann das prachtliebende Rom der Kaiserzeit
lockten. In Aegypten und Rom strömten die grössten Kostbarkeiten der ganzen damaligen Welt
zusammen. Herrschte doch in der Ewigen Stadt die Sitte, mit Perlen nicht allein die Kleider
der Frauen und Männer, sondern auch die Altäre, ja die Götter selbst, das Wagengeschirr, die
Waffen u. s. w. verschwenderisch auszuschmücken.
Es wird Abend. Die Schiffe lichten bald die Anker. Auf der „Pamjat Asowa“ wird das
Signal gehisst: „Der Grossfürst-Thronfolger spricht den Dampf kuttern der Fregatte «Wladimir
Monomach» für musterhafte Thätigkeit seinen Dank aus.“
C E Y LO N .
l i e b e r das englische Indien herrschten im Abendlande lange Zeit und wol bis heute
die einseitigen, optimistisch gefärbten Ansichten von Reisenden, die sich als einfache Touristen
dorthin begaben. Wenn sie nur einigermaassen gut empfohlen waren, war ihnen von den gastfreundlichen
Colonisatoren ein vortrefflicher Empfang sicher, und deshalb neigten sie fast unwillkürlich
mehr und mehr zu den Gedanken und Empfindungen ihrer Gastgeber hin. Auf dem
europäischen Continent hat sich die öffentliche Meinung offenbar1 noch nicht zu dem Verständniss
der doch einleuchtenden Thatsache emporgeschwungen, dass die. unnatürliche Verstärkung einer
Seemacht auf Kosten der ändern mehr cöntinentalen Mächte, sowie auf Kosten des mundtodten
Orients anormaler, aber auch nur ephemerer Natur ist. Gravitirt ja doch alles Continentale zum
Cöntinentalen und ergibt es sich ja schon aus der Erfahrung, wie unfruchtbar die Rolle Karthagos
wurde, vom Momente an, da es römische Legionäre gab. Einzig aus dieser Verkennung der wahren
Lage lässt es sich begreifen, wie z. B. in den vierziger Jahren Prinz Waldemar von Preussen sich
in Triest nach Indien einschiffte, um unter anderm mit britischen Truppen gegen das Reich der
freiheitliebenden Sikhs zu kämpfen. Uebrigens hatte schon früher der preussische Hauptmann von
Orlich 1842 an dem ungerechten Feldzuge gegen Afghanistan theilgenommen. Armes Asien, wannwird
die Zeit anbrechen, wo die christlichen Völker des Abendlandes dir die Gleichberechtigung
und das Recht der vollen Menschenwürde zuerkennen werden?
Unsere Fregatten durchschneiden die ruhige Fläche des Oceans auf der Fahrt nach Colombo.
Die Ohr und Auge einlullende leise Klage der aus ihrer Ruhe aufgestörten Fluten ruft in der
Seele eine lange Folge von noch nicht entschwundenen Eindrücken aus der unmittelbaren Vergangenheit
wach. Die Natur Indiens tritt dabei anfänglich noch lebhafter vor die Erinnerung
als die bedeutungsvollsten Gestalten und Denkmäler seiner Cultur.
Abenddämmerung auf den Ebenen des Pendschab. In leichten Dunst gehüllt ragt
in der Ferne im Silberglanz die Kette des Himalaya empor. Der Himmel hat sich in eine verschwimmende
Masse Goldes verwandelt. Die Wölken erglimmen wie Rubine. Das Firmament
zittert in dunkelm Purpur, der in die zartesten Abstufungen des Rosenroth zerfliesst Wenn ein
Orientreise. II. S 22