
folgenden acht Kostbarkeiten hergestellt worden ist: aus Krystall, Perlen, Elfenbein, Korallen, Rubinen,
Saphiren, Amethysten und Smaragden.
Gegenwärtig übt Buddha Gaya auf die Mitglieder der in Indien residirenden Theosophischen
Gesellschaft, die von unserer Landsmännin Helena Blavatskij gestiftet worden ist, grosse Anziehung
aus, aber auch auf die allmählich neu zu gewinnenden Buddhisten aus aller Herren Ländern, die
durch Theosophen angespornt mit dem Gedanken umgehen, bei dem alten Tempel ein internationales
Kloster zu gründen, Hochschulen mit theologischen und philosophischen Facultäten, mit
einem erleuchteten engern Kreise von kosmopolitischen Eiferern (Mahabodhi-Society), einer eigenen
Zeitschrift, reichen Büchersammlungen u. s. w. zu errichten. Mit einem Wort, ein ganzes Städtchen
soll erstehen als Pflanzschule der Wissenschaft und des buddhistischen Glaubens, mit der ausgesprochenen
Absicht, auf das brahmanisirte Indien wie in den ersten Zeiten des Buddhismus einzuwirken,
um sich allmählich dessen zahllose Sekten einzuverleiben und von neuem unzählige Menschen
auf die Bahn der Verehrung des „Lehrers“ zu lenken. Zum Oberhaupt der geistigen und religiösen
Bewegung will man anscheinend den Dalai-Lama wählen. Die Frage dreht sich nur darum: Kann
das verhältnissmässig verschlossene Lhassa in mehr oder weniger engere Beziehungen zum Vaterlande
des Buddhismus treten? .Die. Lösung dieser Aufgabe ist nicht ganz frei von politischer Färbung.
Eine directe Einwirkung auf Tibet ist bis heute noch keiner fremden Macht in vollem.
Maasse gestattet worden. Nur China betrachtet sich im Landen der Lamas auf Grund des Eingreifens
in dessen Schicksale seitens verschiedener Dynastien des Himmlischen Reiches gewisser-
maassen als Suzerän. Frevelhaft die Hand darauf zu legen, haben sich bisjetzt nur die rohen
Gorkhas aus Nepal erkühnt Im vorigen Jahrhundert z. B. haben diese im Süden Tibets dessen
wichtiges Centrum Daschilhumbo geplündert. Der Hof von Peking sandte dafür zur Rache eine
Armee nach NepaL Diese führte im Hochgebirge die schwierigsten Wintermärsche sehr rasch aus,
holte die räuberischen Eindringlinge ein, schlug sie aufs Haupt, nahm ihnen die Beute wieder ab
und legte den Besiegten beschämende Friedensbedingungen auf.
Der Ruhm des Namens des Bogdychan erhält sich schon seit Jahrhunderten in den tibeta-'
nischen Einöden und Klöstern. Vergeblich klopft England an die Pforten des Landes, das zu seltsamen
Incamationen, zu aus der Mitte der Eingeborenen erstandenen menschenähnlichen Buddhas
betet und ein unerklärliches Amalgam aus Elementen des Schiwacultus und des Buddhismus als
einzig wahre Religion conservirt. Die militärisch-diplomatische Mission Macaulay’s, welche vor vier
Jahren die Aufgabe hatte, mit etwa dreihundert Mann nach Norden über die Grenzen des britischen
Sikkim hinaus vorzuschreiten, wurde vom chinesischen Auswärtigen Amt höflich abgelehnt Bald
nachher ereigneten sich an der Grenze blutige, für Lhassa sehr beunruhigende Vorfälle. Von
dort aus aber hält es schwer, gegen einen Einfall der Europäer ins südliche Tibet zu kämpfen,
wie denn auch die Regenten sich augenscheinlich der Schwierigkeiten eines solchen ungleichen
Kampfes bewusst sind. Wenigstens erzählt Lady Duflerin in ihren Tagebüchern, ihrem Manne
sei 1885, als er noch Vicekönig war, aus Daschilhumbo ein freundlicher Brief des am höchsten
stehenden Hierarchen Bantschen-Rinpotsche, eines „Wiedergeborenen“ , zugegangen mit einer
Sendung ethnographisch werthvoller Geschenke und mit dem Danke für den Empfang eines
Prunkgewandes aus Kalkutta. Es beweist dies, dass die Engländer keineswegs die Beziehungen
zum Norden unberücksichtigt lassen und beständig Verbindungen anzuknüpfen streben, da es
unschuldige Vorwände zum Studium der Grenzgebiete in Fülle gibt.
Mitglieder des Alpine Club in London, welche Schweizerführer mit sich genommen hatten,
erstiegen einige Höhen von Sikkim und erblickten hinter dem unersteiglichen „königlichen
Kintschindschinga noch viel gigantischere Spitzen und Grate. Wer wird als der erste Abendländer
dorthin Vordringen, um den Sieg der Wissenschaft und des Fortschrittes über rein physische
Hindernisse zu feiern? Wir, die wir doch zu solchen Expeditionen zweifellos friedlichen und
uneigennützigen Charakters Tausende von tief ergebenen 'schlichten lamaistischen Pilgern aus
Sibirien haben, die als natürliche Pioniere betrachtet werden können und uns immer zur Verfügung
stehen? Oder schaffen sich die britischen Emissäre mit Gebirgsbatterien vorher Bahn? Bei
uns, das kann entschieden behauptet werden, hat wahrscheinlich bisjetzt noch kein Mensch ernstlich
auch nur daran gedacht. Und doch beweist schon der verhältnissmässig schwach entwickelte Handel,
wie weit unser indirecter Einfluss in Centralasien noch vor Jahrzehnten reichte. Als der Fürst
von Ladak England huldigte, befanden sich unter seinen kostbarsten Geschenken an erster Stelle
mit Gold bedrucke Lederstücke, die den russischen kaiserlichen Adler trugen!
Mittwoch, 28. Januar.
In Erwartung der zum Abschied arrangirten „Garden party“ vor dem viceköniglichen Palast,
zu welcher sehr viele Einladungen ergangen sein sollen, benutzen Ihre Hoheiten die ihnen in
Kalkutta noch bleibende freie Zeit zum Besuche des sehr reichhaltigen, bedeutenden Museums,
das sich am Maidan in der Tschauringi-Strasse befindet.
Die Sammlungen begannen seit dem Jahre 18 14 unter der Initiative der „Asiatic Society of
Bengal“ zusammenzuströmen und wuchsen beständig an, bis sie sich so anhäuften, dass nach einem
halben Jahrhundert ein dringendes Bedürfniss nach staatlicher Hülfe entstand, um die Schätze auch
ferner sicher unterbringen zu können; es musste für sie ein eigenes Colossalgebäude aufgeführt werden.
Gerade jetzt wird dasselbe offenbar erweitert und renovirt und ist daher für das Publikum
verschlossen, das hier im allgemeinen solche nützliche, interessante Institute eifrig besucht Im
Jahre beläuft sich die Zahl der meist aus „Natives“ bestehenden Besucher z. B. des „National
Museum of India“ auf etwa eine halbe Million. Allerdings gibt es dort auch für den Eingeborenen
wahre Wunder zu sehen!
In erster Linie verdienen die für die Naturkunde errichteten Galerien Aufmerksamkeit
Korallen, Schwämme, Mollusken, Krabben, Schmetterlinge, Spinnen dienen an einer Stelle einem
japanischen Riesenhummer mit unglaublich- langen Scheeren zum Relief, sowie auch einem amphibischen
Krebs, der sich ausschliesslich von Kokosnüssen nährt. In einer ändern Abtheilung
(the Fossil Gallery) mit der Büste des im Orient thätig gewesenen böhmischen Naturforschers
Ferdinand Stoliczka fallen die durch geologische Forschungen ans Tageslicht beförderten, hauptsächlich
aus den Hügeln in Nordindien ausgegrabenen Schädel und Knochen vorweltlicher wunderbarer
Geschöpfe in die Augen.
Die Gesteinsarten und die Mineralien des Landes nehmen mit den Modellen historisch berühmter
Diamanten einen besondern Saal ein. Ein grösser Raum ist den noch lebenden Säugethiergattungen
angewiesen, die theils in ausgestopften Exemplaren, theils in Skeletten vertreten
sind. Unter den erstem zeichnen sich aus der wilde, in Indien einheimische Bison (ghaur) und
der in Tibet lebende wilde Yak. Rund um diese ist eine ganze Welt wilder Thiere versammelt,
die alle möglichen Vertreter der Fauna des Landes enthält Da erblickt man sogar den heutzutage
seltenen einheimischen grauen Löwen, ein Thier, das einst kühnen indischen Jägern eine lockende
Beute war. Sein stolzer, weit grösserer afrikanischer Gefährte ist hier auch nachgebildet in grimmigem
Kampfe mit dem Königstiger. Wer in Wirklichkeit Sieger geblieben war (diese beiden
Bestien waren im Kalkuttaer Zoologischen Garten von den Wärtern, die eine Wette eingegangen
waren, gegeneinander gehetzt worden) konnte ich leider nicht herausbringen; im „Zoo“ sagte man,
der Sohn Bengalens habe seinen Gegner überwältigt, hier aber heisst es, es sei vielmehr sein
königlicher Widerpart aus Afrika gewesen. Wie dem gewesen sein mag, beide sind jetzt vom
Ausstopfer in eine unschöne „wüthende“ Gruppe vereinigt, die ein eigener Glasschrank umschliesst
■■ Orientreise. ■ II. _ , ' \ *- & >