
Die Ankunft in Chabarowsk war insbesondere denkwürdig, weil sie in Verbindung steht
mit der Enthüllung des Denkmals für Graf Murawiew-Amurskij, den schöpferischen Gouverneur
dés weiten Landes am Amurstrome.
Der erste Gedanke, dem Generalgouverneur von Ostsibirien ein Denkmal zu errichten, erwachte
in den denkenden Kreisen der Bewohner des Amurgebiets, als sie die Trauernachricht vernahmen, der
Generaladjutant Graf Murawiew-Amurskij sei in der Nacht des 18. November 1881 in Paris gestorben.
Die unermüdliche Thätigkeit des Dahingeschiedenen hatte während seiner dreizehnjährigen
Regierung für die Wohlfahrt und Entwickelung von Ostsibirien so reiche Früchte getragen, dass
sich den zahlreichen Verehrern des grossen Administrators von selbst der Gedanke aufdrängte,
BAHNHOF IN WLADIWOSTOK.
dem Verstorbenen ein Denkmal zu setzen. Zum Vertreter der Wünsche der Bevölkerung machte
sich Murawiew’s zeitweiliger Nachfolger, der Generallieutenant Anutschin. Dieser kam beim Kaiser
um die Erlaubniss ein, zur Verwirklichung des Plans in ganz Russland eine Sammlung eröffnen
zu dürfen, wozu die kaiserliche Genehmigung erfolgtet
Unter den eingelaufenen Projecten hatte das des Akademikers Opekuschin den Vorzug
erhalten, infolgedessen dem Künstler die Ausführung übertragen wurde. Grosse Schwierigkeit verursachte
die Herbeischaffung eines genügend grossen Felsblocks für das Postament. Doch gelang
es, etwa 300 Kilometer von Chabarowsk einen entsprechenden Block aufzufinden.
Die Grundsteinlegung des Denkmals, das sich 30 Meter über das mittlere Strompegel des
Amur erhebt, fand am 27. October 1888 in Gegenwart des Generalgouverneurs statt.
Auf der Vorderseite des Postaments sind drei Bronzeplatten befestigt, die die Inschrift tragen:
„Dem Grafen Murawiew-Amurskij 1891.“
An Station auf Station, an Dorf auf Dorf kamen wir während unserer Reise auf dem Amur
vorüber. Ueberall begrüssten die Kosaken den Sohn des Zaren. Ein besonders markanter Zug
bei diesen Empfängen war die Anwesenheit von sehr jugendlichen Kosaken unter den berittenen
Mannschaften, die sich an den verschiedenen Halteplätzen .aufgestellt hatten, um den Thronfolger
zu begrüssen. Auf die Mittheilung, dass der cavalleristische Drill einen Theil der Schulerziehung
bildete, gab Seine Kaiserliche Hoheit gern die Erlaubniss, dass bei den Empfängen die Schulknaben
in den Reihen der Kosaken vertreten waren. Die Reitkünste mancher dieser kleinen Burschen
waren bemerkens werth; nicht wenige von ihnen waren ausgezeichnete Kunstreiter, die in vollem
Galopp ritten,-während sie im Sattel auf dem .Kopfe standen u. s. w.
JAGDBEUTE IM USSURI-GEBIET.
Unter den ihre Reiterkünste zeigenden Knaben lenkte ein zehnjähriger Kosakenjunge, Wlas
Tümenzew, die Aufmerksamkeit Seiner Kaiserlichen Hoheit auf sich, weshalb er ihn zu sich auf
den Dampfer kommen liess. Seine Kaiserliche Hoheit fragte ihn: „Wie lieisst du?“ , worauf der
Knabe sofort unerschrocken und deutlich antwortete: „Tümenzew, Ew. Kaiserliche Hoheit!“ Der
Thronfolger nahm den Knaben an der Hand und führte ihn zu sich in die Kajüte, wo er ihm
erlaubte, so viel Silberrubel zusammenzuraffen, als seine Hände zu fassen vermochten; dann
führte er ihn wieder zurück. Auf die Fragen, die der Thronfolger und der Generalgouverneur an
ihn richteten, blieb der Knabe nicht ein einziges mal die Antwort schuldig. Ueber diese Gewandtheit
des Knaben erfreut, fragte) ihn Baron Korff:
„Aber kannst du auch hier auf dem Kopfe stehen-?“ c •
„Ich kann s, hohe Excellenz“ , war die Antwort des Knaben.
„Nun, dann stelle dich auf den Kopf!“ ....