
aber die Frage seiner Besitznahme hatte hinter ändern von grösserer Bedeutung zurücktreten müssen.
Dazu war die Mündung des Flusses noch nicht in Karten aufgenommen und es war sehr unsicher,
ob sie für Seeschiffe zugänglich sein würde, was auch die Meinung so bedeutender Seefahrer wie
Lapdrouse, Broughton und Krusenstern war. Es wurde sogar befürchtet, die Besetzung dieses
Gebietes würde die Unzufriedenheit Europas, namentlich Englands, erregen.
Im August 1846 näherte sich die zu diesem Zweck bestimmte Brigg „Konstantin“ der
Mündung des Amur. Aus Mangel an Zeit und infolge der Hindernisse, auf die man gestossen
war, sah man sich, obschon keine entscheidenden Resultate erzielt worden waren, genöthigt, in
GOLDE VOM AMUR.
die Heimat zurückzukehren. Als Graf Nesselrode, der Minister des Auswärtigen, dem Kaiser
einen schriftlichen Bericht erstattete, schrieb er unter anderm über die Expedition: „Die Mündung
des Amurstromes hat sich für Seeschiffe als unzugänglich erwiesen, beträgt doch ihre Tiefe nur
j j bis 3V2 Fuss, und Sachalin ist eine Halbinsel Deshalb hat der Amur-für Russland keine Bedeutung.“
Zu diesem Berichte machte der Kaiser Nikolaus I. die Randbemerkung: „Bedaure sehr.
Die Frage wegen des Amur, als eines unnützen Stromes, auf sich beruhen lassen; die Personen,
die an den Amur geschickt worden waren, belohnen“ ; ; .
Die Regierung, die bis dahin stets abgeneigt gewesen war, auf den Vorschlag der
Chinesen betreffs Abgrenzung der beiderseitigen Gebiete nach Osten bis zum Meere hin, Gebiete,
die in dem Vertrag von Nertschinsk nicht abgegrenzt worden waren, einzugehen, entschloss
sich endlich, die Grenze gegen China am Südabhange des Stanowoi-Gebirges entlang zum Meerbusen
von-Ochotsk zu ziehen und damit China auf immer das ganze Amurbecken, als für
Russland werthlos, zu überlassen.
Die 1847 erfolgte Ernennung des energischen Murawiew zum Generalgouverneur von
Ostsibirien und der Ausbruch des Orientkrieges lenkten die Aufmerksamkeit der Regierung von
der Verwirklichung dieses Planes ab.
Gennadius Iwanowitsch Newelskoy wurde 1847 zum Commändanten des Transportschiffes
„Baikal“ ernannt, das mit Vorräthen für die sibirischen Häfen in See stach. Als er schon zur
Abfahrt bereit war, setzte er noch alles in Bewegung, um in Petersburg die schon begrabene
Amurfrage wieder anzuregen, und suchte um die Erlaubniss nach, die ihm übrig bleibende Zeit
auf die Erforschung der Mündung des Amur verwenden zu dürfen. Da Newelskoy diese Erlaubniss
nicht erhielt, entschloss er sich, das Wagniss auf eigene Verantwortung zu unternehmen.
Nach dreimonatiger Kreuzfahrt längs den Küsten von Sachalin und an der Mündung
des Amur, eine Fahrt, die ebenso schwierig als gefährlich war, kam der „Baikal“ am 3. September
im Hafen von Ajan an. Murawiew, der sich damals auf der Rückreise von Petropaulowsk in Ajan
befand, fuhr mit seiner ganzen Suite dem „Baikal“ entgegen. Kapitän Newelskoy bewillkommnete
ihn durch das Sprachrohr milj den Worten: „Sachalin ist eine Insel, die Einfahrt in den Amur ist
für Seeschiffe vom Norden und Süden her möglich. Der Jahrhunderte alte Irrthum ist aufgehellt;
ich werde darüber zu Händen des Kaisers Bericht erstatten.“
Die Entdeckung fand in Petersburg keinen Glauben. Als der Kaiser die Erfolge der
Thätigkeit des Kapitäns Newelskoy prüfte, erliess er den Befehl, nahe dem Delta des Amur, aber
Orientreise. M. 104