
ihren Familien draussen und kehren nur zurück, um irgendein grosses Fest zu feiern, oder
wenn die Ernte vorüber ist.
Wie schon angeführt, war der Ackerbau unzweifelhaft bereits in alten Zeiten im südlichen
Sibirien bekannt, was auch die zahlreichen Bronzesicheln beweisen. Verkohlte Gerste- und Haferreste
sind in alten Gräbern von Tobolsk gefunden worden.
Diese Rasse, grenzenlos wie der Ocean, bewohnte damals mehr als ein Drittel Asiens und
pochte an die Thore der classischen Welt Ist die' Theorie von dem slawischen Ursprung
der Hunnen richtig, wenn auch nur in grossen Zügen, dann war die Macht Attilas die erste, die
die Slawen zu einer mächtigen Nation vereinigen wollte.
In alten sibirischen Festungen, die manchmal hoch im Norden liegen, werden nicht selten
Bronze- und Silberfunde gemacht, die deutlich südlichen Ursprungs sind; darunter befinden sich
persische Münzen, Silbergefässe, Metallspiegel mit griechischen Ornamenten und Emblemen des
sonnigen Südens. Die arischen Namen vieler Flüsse, wie z. B. des Ob, dessen Name sich aus
der Sanskrit-Wurzel ap = Wasser herleitet, zeigen, dass sie nicht von den Bewohnern der nördlichen
Sümpfe gegeben worden sind, sondern von einer arischen Rasse, die einst auf diesen
Wasserstrassen die Vorherrschaft hatte; es waren dies höchstwahrscheinlich die östlichen Slawen.
Die Fischer und Arbeiter von Tobolsk, die vom untern Ob zurückkehren, bringen oft
archäologisch interessante Gegenstände mit, die sie gefunden oder bei den Eingeborenen gekauft
haben.
Nicht nur in Sibirien, sondern auch in den Provinzen Wjätka, Perm und Ufa gibt es kaum
ein Goldbergwerk, das nicht an den Spuren alter Bergarbeit aufgefunden worden wäre. Das Volk
dieses Landes arbeitete damals in seinen Bergwerken nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern
in erster Linie für die Zwecke seines Handels mit den Stämmen des südlichen Russland.
Das Gold wurde nach Indien ebenso wie nach Griechenland und Persien aus fernen, unbekannten
Ländern gebracht Unter diesen mag Westsibirien gewesen sein, da dort schon in den
Tagen der Vorzeit ebensowol Gold als Silber und Kupfer gewonnen wurden.
Im vorigen Jahrhundert hatte die Suche nach dem in der Erde verborgenen Golde - bei den
Bauern jenes Landes die Form einer richtigen Industrie angenommen. Viel Gold wurde aus alten
Gräbern gewonnen, und wahrscheinlich wurde der ganze in der Erde vergrabene Reichthum der
alten asiatischen Skythen auf diese Weise erbeutet.
Die Bodenschätze der Berge des Ural müssen diejenigen, die in den sibirischen Bergen so
emsig danach suchten, angezogen haben. Wol infolge des Suchens nach den Erzen des Ural
werden die alten Bewohner Sibiriens die auf dem Westabhange des Gebirges fliessenden Wasserläufe
entdeckt haben, die sie in eine ihnen neue Welt führten: in den nördlichen Theil des heutigen
europäischen Russland. Die Spuren alten Bergbaues und alter Befestigungen, die bestimmt waren,
die Wasserwege zu bewachen, können als Stütze für diese Ansicht dienen. Thatsächlich gibt es
im Ural ebensoviel alte Bergwerke als im Altai.
Die alten Befestigungen auf dem rechten Ufer des Irtysch gruppiren sich hauptsächlich
gegenüber der Mündung des Tobol, des Hauptthores des Gebietes der sibirischen Hügelgräber,
welches Gebiet die südliche Hälfte der heutigen Provinz Tobolsk einnimmt. Der Irtysch selbst
ist aber eben einer der Hauptwasserwege Sibiriens. In gerader Linie fliesst er von der chinesischen
Grenze durch Westsibirien, das beste natürliche Thor nach Norden für die Producte des Altai
und den Handel Innerasiens.
Oestlich und nördlich von der Tobol-Mündung lag das Land der finnischen Stämme. Es
waren ungangbare Wälder und Sümpfe, von wo Einfälle stets zu befürchten waren. Hier drängten
sich daher die Befestigungen am Irtysch an der Stelle der heutigen Stadt Tobolsk zusammen.
Hier lag immer das Bollwerk unserer skythischen Vorfahren gegen die fremde Welt mongolischtürkischer
Abstammung.
Diese alten Forts werden in den sibirischen Chroniken, die von der Eroberung des Landes
durch Jermak berichten, erwähnt. Der Name Isker, eigentlich „alter Wohnort“ , der der hauptsächlichsten
Befestigung beigelegt wurde, und die Thatsache, dass die Tataren sie als befestigte
Punkte nicht dazu benutzten, um die russischen Eindringlinge zurückzutreiben, sondern dass sie
ihr Heil in der Flucht suchten: alles dies führt zu dem Schlüsse, dass die Befestigungen vor
der Zeit der Tataren entstanden sind.
BEIM GOLDWÄSCHEN.
Die verzierten Topfscherben, die man dort fand, sind mit den in russischen Hügelgräbern
gefundenen identisch und weisen darauf hin, dass diese letztem und die sibirischen Befestigungen
wahrscheinlich aus derselben Zeit und gewiss die Reste einer und derselben Rasse sind.
Schon die Anlage dieser Erdbefestigungen, die Wahl ihrer Plätze auf hohen Landspitzen
an Flussufern, ihre halbkreisförmige Gestalt, die Gräber in der Nachbarschaft und die Waffen,
Gefässe und Ornamente aus\ Bronze, die man in ihnen allen gefunden hat, zeigen uns, dass die
Hunnen, die einst in Sibirien gelebt haben, mit den Bulgaren von der Kama und mit den Skythen
Südrusslands nahe verwandt waren.
Die bulgarische Cultur an der Wolga und Kama war ein Zweig der alten Cultur von
Perm und Tobolsk.
Orientreise. II. 102