
Hiogo (Kobe) erhebt. Nach der Sage waren die Erbauer eines Tages nicht im Stande, vor Sonnenuntergang
eine wichtige Arbeit auszuführen. Ihr Herr deutete daher mit dem Fächer nach der
KOBE.
Sonne und zwang das Tagesgestirn, seinem Laufe Einhalt zu thun. Es war an der Stelle, wo
er den müssig gehenden Mikado unterbrachte, dessen Palast in Kioto zufällig niedergebrannt war.
Die Ursache des Feuers war übrigens eine ganz unglaubliche. Sieben Männer hatten in einem
Wirthshause zu viel Sake getrunken und sich nach einem hitzigen Wortwechsel -getödtet Der
Wirth fürchtete, man könnte ihn für das Vorgefallene verantwortlich machen, und steckte daher
den Raum, in dem die Selbstmörder lagen, in Brand. Die Flammen zerstörten die ganze Hauptstadt.
Ein merkwürdiger, echt japanischer Vorfall! In demselben Hiogo lag der unmenschlich
grausame Kiomori auf dem Todtenbett, bis zum letzten Athemzuge von den Schreckgespenstern
seiner Opfer verfolgt.
Die freundliche japanische .Landschaft umgibt- uns mit ihren Schinto-Tempeln, den
Landesalterthümern und den lebendigen Erinnerungszeichen an ein Zeitalter, als diese streng
abgeschlossene Welt noch nicht berührt war von der verhassten Woge der Einwanderung aus
dem fernen Westen. Diese übte grossen Einfluss, indem sie
das Leben des Landes hastig umgestaltete. Reformen folgten
auf Reformen.
Die verhältnissmässig moderne Stadt Kobe,
die östlich von Hiogo liegt, zählt ausser den Eingeborenen
etwa 600 Europäer und Amerikaner,
sowie gegen 1000 Söhne des Himmlischen Reiches.
Die Anwesenheit dieser Fremden erklärt zum grossen
Theil den musterhaften Zustand der Stadt, deren
Aufsicht nicht allein der Gouverneur, sondern auch
die fremden Consuln in der Hand haben. Breite,
glattgepflasterte Strassen, die mit Bäumen eingefasst
sind, führen vom Strande zu den benachbarten
Bergen. In der Runde bemerkt man viel Grün und
selbst manche Rasenplätze. Die englische Colonie
hat einen Jacht- und einen Cricketclub gegründet
und einen Bädeplatz eingerichtet. Die comfortabeln
epheubewachsenen Villen müssen jedem Fremden
einen rechten Begriff von - dem Zauber des Aufenthalts
in diesem Hafen geben, der überdies wegen
seines Klimas bekannt ist
Der Thronfolger sprach den Wunsch aus, die Kobe überragenden Höhen zu besteigen, um
das Panorama der Stadt und des Hafens gemessen zu können.
Am Sonnabend, 9. Mai, zwei Tage vor dem Attentat, kam der erlauchte Reisende nach
kurzer Eisenbahnfahrt in der alten Hauptstadt des Reiches an und wurde auf dem Bahnhof von
Prinzen, von den Ortsbehörden und den in Reihen aufgestellten Schulkindern empfangen. Am
Eingänge in die Karasumaru-Strasse erhob sich ein Triumphbogen.
Elf Jahrhunderte lang war Kioto als die Hauptstadt von Japan betrachtet worden. Zu ihren
Namen gehörten: „Die Festung zwischen den Höhen“ , „Die Wächterin des Friedens“ (obwol erbitterte
Kämpfe und Bürgerkriege mehr als einmal in ihren Mauern wütheten). , Die Stadt war
lange Zeit die Brutstätte der Intoleranz gegen alles Fremde, des beschränkten nationalen Fanatismus
und bigotter Unwissenheit. Bevor der Druck der Grossmächte in diese Dunkelheit eine Flut von
Licht gesandt hatte, pflegten die Landesherren das abgeschlossenste, eigenartigste' Leben zu führen.
Nicht zufrieden damit, durch die Etikette gezwungen die.Rolle des Eremiten zu spielen, zog sich
Orientreise. II. . ; / 97