
Japan geöffnet werden sollten, war den Japanern kein anderer Weg offen als der sofortiger Unter
werfiing unter eine unwiderstehliche Macht . _
Bei dieser Gelegenheit erlitt die durchaus nicht wehrlose Stadt Kagosima eine sehr strenge,
kaum verdiente Strafe. Die Engländer bombardirten diese Heimat des Samuraithums, wo noch
vor kurzem sagenhafte Helden, wie der mächtige Sätgo, der an der Schwefle d * ; 20. Jahrhunderts
die Verkörperung des mittelalterlichen Japans war, die Herzen des Volkes aufwiegeln konnten.
Deswegen mochten w o J w ir , die. „Pamjat A sow a “ und die erlauchten Reisenden, hierher
geführt worden sein, um den Glanz des dahinschwindenden einheimischen alten Lebens z.u schauen!
Bei dem Empfang des russischen Thronerben hatte es der ungekrönte Satstima-Fürst ganz in seiner
Macht, seiner-Sympathie fiir ein Land Ausdruck zu geben, das bisher an den Gestaden seines
Heimatlandes noch keine blutigen Spuren zurückgelassen hat ■ ■ ■
Wenn ich meine kurzen Notizen , über unsern Besuch von Kagosima überfliege, finde ich
Folgendes: „Volksmassen grüssten freundlich unsere Flagge, als wir noch in der Bai waren. Innerhalb
der Mauern des alten Palastes trat uns sofort ein Stück jener einheimischen Welt entgegen,
die nun in Trümmer fällt und verschwindet“ I . - I
Beim ersten Schritt fiel uns besonders der japanische Garten auf. Ein japanischer Garten | | lt
irgendeine ganz abstráete Idee vergegenwärtigen, wie z. B. die Ruhe, die Keuschheit, das Alter u. s . ;vr.
Nach den Weisen des Ostens ist die ganze leblose Natur begabt mit einem tiefsitzenden Innern
Leben; sie ist voll Gedanken und nur dem Anscheine nach stumm. JEm beredter ¡buddhistischer
Mönch Daita, soll einen Hügel erstiegen und sich mit Steinen verschiedener Grosse, umgeben
haben- die mystischen Worte seiner Predigt sollen auf diese leblosen G e g enstän d e ®j:|ing ew irk t
haben, dass sie. sich bewegten und sich vor dem Prediger zu verbeugen schienen, d e ^ | w
Erinnerung an diese Wunder segnete. I I .
Vor uns liegt am Strande ein Mittelding von Garten und einem Hofe, mit einer Menge
von Muscheln bestreut; es-ist dies ein alter Brauch in den Gärten der japanischen Adeligen, damit
das Geräusch der Fusstritte stets die Aufmerksamkeit der Wachen erwecke. Jenseits der felsigen
Ufer sieht man die Umrisse kleiner Buchten und Vorgebirge. ; ■ --V
Von einem erhöhten Standpunkte aus zeigt der Satsuma-Fürst seinen Gästen und ihrem Gefolge
das Schauspiel eines militärischen Festzuges in Helmen und Panzerhemden alter Formen. Unter
den Klängen einer wehmüthigen Musik ziehen die Mannen mit unharmonischem Geschrei j g den
Krieg. Vor diesen improvisirten. Kriegern einer vergangenen Zeit marscUrt der Enkel des alten
Fürsten her, dessen Augen nass werden, wenn er dieses prächtige martialische Schauspiel a:i sich
vorüberziehen sieht Welche Tragödie ist doch die Revolution, die hier stattgefunden hat, der
Uebergang von einem feudalen, halbwilden Staate zur gegenwärtigen Herrschaft eines halb modernen,
Fortschrittes und Militarismus! Doch die jungen japanischen Offiziere, die uns begleiten,^ sehen
ohne Interesse und Kummer lächelnd auf ihre Satsuma-Landsleute in ihrer antiquirten Rüstung,
genau wie sie später in der für den Thronfolger veranstalteten Ausstellung, in Kagosima die
kleinen Modelle der Segelschiffe, Kauffahrtei- und Kriegsschiffe, betrachten, die in unserer Zeit
ausser Gebrauch gekommen sind. In Kagosima trägt alles den Stempel ehrwürdiger Sitten alter
Zeiten, die Spuren hohen. Alters. • I H H
Vor dem Banket, das im Palast des Fürsten in dem merkwürdigen Garten stattfand
und das ebenso originell als das ln Nagasaki war, aber sich in dieser Umgebung prächtiger ausnahm,
besichtigte der Grossfürst-Thronfolger die Erbstücke der regierenden Satsuma-Familie , Ihre
Waffen und Rüstungen B
Nachdem die Gäste reichlich mit warmem Sake und Thee sowie mit Sussigkeiten tractirt
worden sind, wird ihnen Reis angeboten, was nach der ortsüblichen Sitte als Zeichen betrachtet
wird, dass das Mahl zu Ende ist. Während des Mahls sangen adelige junge Damen aus den besten
Familien in reichen Gewändern und . spielten auf dem berühmten Samisen.
Um seinem Wirthe eine Ehre zu erweisen, brachte der Grossfürst-Thronfolger dessen Gesundheit
„ach Landessitte (auf dem Boden sitzend) aus, was den alten Herrn augenscheinlich sehr
rührte und sofort den stolzen Verwandten des Mikado, den Prinzen Arissugawa, veranlasste, dem
Beispiele des Thronfolgers za folgen. . , ‘
Wir waren schon zur Fregatte zurückgekehrt und lichteten eben den Anker, als a n -Boot
anlegte beladen mit lackirtem Geschirr, das zu Geschenken für uns bestimmt war. Nach einem
Diner ist es gebräuchlich, den Gästen die Schüsseln, aus denen sie gespeist, zum Ge
zu machen. Als wir aus der Bucht in « o f f e n e See hinausfuhren, loderten Freudenfeuer
auf, unsern Weg erhellend. I , „ ä u i „ j
Die fürstlichen Reisenden nahmen neben vielen ändern werthvollen Geschenken und g e -
kauften Gegenständen einige herrliche weisse Porzellanvasen mit D a s Satsuma-Porzellan ist m
der ganzen Welt bekannt. Seine Herstellung ist in Kagosima stets lh den Han den,sehr geschickter
EinwandererÄJBiKorea geblieben. I I
M H Entwickelung der japanischen Keramik auf Grund der chinesischen Vorbilder m
Verbindung mit dem strengen Einfluss des Buddhismus schufen die Inselbewohner nur Thonbilder
von menschlichen Wesen und Thieren; die der Sitte gemäss in der Erde mit begraben wurden,
da sie das persönliche Gefolge und Eigenthum der Verstorbenen von Rang zu bilden hatten, die
ins Schattenreich durch ihre d o r t ;* Glück lebenden Ahnen berufen wurden.
Als engere B e z ieh u n g * zu dem civiljsirten Korea sich herausbildeten begannen die
keramischen Künstler in Japan neben reinen Zweckmässigkeitszielen sich auch hoher hegenden zu
widmen, indem sie nach Vollendung in Formen und Farben strebten und die Kunst.um ihrer selbst
willen und wegen der Harmonie der Umrisse suchten.
Von Kagosima reisten wir durch die Strasse, von Simonosekl nordwärtsrin das japanische
Mittelmeer und dort westwärts nach dem Hafen Hiogo. Ich finde, in meinem T ^ eb u ch e darüber
nur k n ie Notizen, die nicht weiter ausgeführt-sind infolge des urplötzlich erfolgten, brutalen
uibetfalles :in Otsu, der alles andere in den Hintergrund drängte.
Das japanische Mittelmeer ist etwa f e i l Kilometer lang und überschreitet nirgends eine
Breite von etwa H Kilometer. Die dort ständig herrschenden Nebel bedingen stete Wachsam
te il bei der Schiffährt. Die herrlichen Linien seiner nie weit entfernten Ufer erinnern manchmal
an die- Küste bei Singapur, manchmal an die Türkisfarbe verschiedener s ch w ed isc h e r und italie
n i s c h w S e ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ Ierrassen äb; grünende Schluchten
durchziehen Sie. Zwischen Cedern, Bambus und Farren gewahrt man auf den zahllosen Inseln,.
denen man begegnet, Wohnungen. .
Die Ta g e vergehen in wohligem Traum, bis. wir mit dem Geschwader an der Hauptmsel
ankommen, wo wir mit der Eisenbahn die alte und die neue Hauptstadt besuchen unterwegs
aber verschiedene interessante Punkte besichtigen sollen. Vom A u g e n b l i c k unserer Landung an
befinden wir uns wieder im Feenlande. : A u f Schritt und T n tt begegnet man der Dichtung und
der Sage. Es sei hier des Beispiels halber die .Weberlieferung über die Stadt, in der wir uns be
finden, angeföhrtmte Kiomori, einer der grössten und ehrgeizigsten weltlichen Fürsten Japans, der
im 12 .-Jahrhundert lebte, baüje jiich den prächtigen Palast Fukuhara an der Steile, wo sich heute