
NACH DEM ATTENTAT.
' Donnerstag, 12. Mái.
vV e lch schreckliche Tage gestern und heute! Die so grossartige, so bedeutungsvolle Orient
reise des Grossfursten-Thronfolgers nahe ihrem Ende gestört, fast abgeschnitten durch ein unsagbares
Verbrechen! 9 „
Womit soll man beginnen? Alle Gedanken verwirren sich. Selbst, die Blätter dieses-Tagebuches
scheinen Mit Blut befleckt zu s e in ... Was mussten wir erleben!
Dämmerlicht Bald ist es auf der Veranda des Hotels dunkel. Der Himmel bricht in
Gluten aus. Allmählich verblassen sie, und langsam senkt sich der dunkle Mantel der Nacht über
Kioto, die alte Hauptstadt des Mikado, und-die Stadt versinkt in Schlummer.
Seit wir Nagasaki verlassen haben, ist die Zeit mit solcher Schnelligkeit verronnen und
inmitten einer solchen bunten Menge von Eindrücken, dass keiner von uns zurückblicken und
sich zu sammeln vermochte. Wir sind im Zauberbanne dieses reizenden niedlichen Japan, das
sich- vor uns badet im Lichte einer Frühlingssonne, wie von übernatürlichen Visionen eingelullt
durch die Schönheit der umgebenden Welt, in der die Natur in der Harmonie der Formen; und
Farben sich zur Vollkommenheit erhoben hat.
Und wie schrecklich war unser Erwachen! Wie schmerzlich ist es, sich an alles, was wir
sehen mussten, wieder zu erinnern, es zu Papier zu bringen! Wie ergriff es uns so tief, und
doch vermögen wir kaum es zu fassen! # .
Unser Aufenthalt. im Lande war zudem so kurz, dass die Bruchstücke, die sich in den
kurzen Aufzeichnungen eines Reisenden zerstreut finden, nicht genügen, um aus dem Gedachtmss
wieder ein klares lebendiges Bild dieser merkwürdigen Mosaik von Eindrücken zu schaffen.
In erster Linie sind es die Gedanken über das alte Japan, unser Besuch in Kagosima im
Süden von Nagasaki, der gastfreundliche Empfang seitens eines einst mächtigen, berühmten Satsuma-
Fürsten, der dem Grossfürsten-Thronfolger zeigte, was in den guten alten Tagen das Ringen war,
wie hoch die Kunst des Armbrustschiessens damals stand, und welcher Pomp die Japaner
wenn sie Expeditionen über die See unternahmen, namentlich in das Reich Korea, dieses Land, das
hauptsächlich als die Quelle aller wahren Cultur bei den Inselbewohnern zu betrachten ist. Die
AN DER SIBIRISCH-KOREANISCHEN KÜSTE.