
von wellenförmigen Hügeln, welche die Bucht umgeben. Das Wasser schillert da und dort von
dem sich darin widerspiegelnden, dichtbelaubten Ufergelände wie farbiger Marmor. :: ;.Bas Gepräge
des Schwermüthigen, Menschenscheuen ruht auf den umgebenden Höhen. Doch drunten liegen
reizende Strassen mit netten, kleines Brücken, voll lebenslustigen Volkes.
Das Frühstück im Hause des Herrn Nakano besteht nach uraltem heiligem Brauch aus un-
versüsstem, duftendem Thee (o-tscha), verschiedenen Süssigkeiten, einem wohlschmeckenden f| c h
(tai) und kunstreich zubereiteten Seetangen (tamoschiraga), Mopsen und Wurzeln, einheimischen
TEMPEL MIT SCHINTOISTISCHEM THOR (TORI-I). .
Gurken (kiiuri) und sonderbar gestaltetem Rettich, aus Hühnersuppe und kleingehackten Wildenten
mit gebratenen Küchlein, ferner aus herrlichen Bohnen und Kartoffeln, zarten Bambussprossen,
Gelée aus Gemüse mit Eiern, Reistorte u ,s ,w . Zu jedem Gericht wird in Porzellangefässen beständig
warmer Sake herumgereicht, Branntwein, den man aus Reis gewinnt I ■ V
Wir statten einem Schinto-Tempel von archaistischer Bauart (mija) einen Besuch ab.
Derselbe bietet in Wahrheit durchaus kein Interesse. Die Tempel zum Gedächtniss der Vorfahren
und Heroen zeichnen sich überhaupt (im Gegensatz zu den buddhistischen) höchstens durch
den Umfang ihrer Umfassung, immer aber durch die Abwesenheit aller Zierathen, sowie dui;ch
das strenge Aeussere der Priester der „Kannuscha“ aus: diese tragen nämlich ein weites, bequemes
Gewand und schwarzen Kopfschmuck mit weissen Streifen. Götterbilder,sieht man keine.
Iri einem den Blicken der übrigen Sterblichen unzugänglichen, massig grossen „Heiligthum der
Heiligthümer“ werden die Symbole der Verehrung der Sonne und des Krieges aufbewahrt Die
Beziehungen der Laien' zur Schinto-Religion sind die denkbar primitivsten: als Opfer werden den
Seelen unblutige Gaben dargebracht; es gibt keine feierlichen Ceremonien, keine gemeinschaftlichen
Gebetsübungen.
Das Wetter wird immer schlechter. Die erlauchten Reisenden besuchen flüchtig die
städtischen Gartenanlagen. Unter strömendem Regen müssen wir uns auf die Fregatte zurückziehen.
Die von den Einwohnern von Nagasaki vorbereitete Illumination fällt schlecht aus. Die
armen Japaner sind natürlich über diesen Misserfolg verstimmt.
KOREANER IN WLADIWOSTOK.
Dienstag, 5. Mai.
Am Vormittag geruht der Thronfolger das Frühstück im Hause des Consuls De-Vollant
einzunehmen. Auf dem Wege dahin besichtig! er j A eben fertig gebaute russische Marineläzäreth
mit der Kapel'.e, an deren Gründung Seine Kaiserliche Hoheit;.'Grossfürst Alexander Michailowitsch
thätigen Antheil genommen hatte.
Auf der Treppenterrasse vor dem letzten Aufstieg auf den Berg, wo sich die Wohnung
unsers diplomatischen Vertreters befindet, zeigen einheimische Fechter mit Stöcken in der Hand,
nicht ohne Erbitterung während des Kampfes, dem erlauchten Gaste ihre Kunst Auf den Fuss-
steigen rings herum drängt sich das Volk. Es feiert heute.den „Feiertag der Knaben zur Ehre
des Gottes. Chatschiman. Es ist dies ein halbmythischer Mikado, der zur Zeit der berühmtesten
Feldzüge gegen Korea geboren wurde. 'Das Volk ’ergötzt sich damit, dass es Papierdrachen
steigen lässt.
Orientreise. II.