
der Widerhall des regen Treibens auf der Rhede an unser Ohr. In lichtem Glanze liegt der
Spiegel der malerischen See vor unsern Blicken, der Himmel leuchtet in sonniger Klarheit,
die wunderbare fremde Gegend steht in Einklang mit der Erhabenheit des Gottesdienstes. In dem
Augenblick, da Ihre Hoheiten dem kirchlichen Brauche gemäss die „Plaschtschanitza“ , das Symbol
des Grabes Christi, auf ihre Schultern heben und tragen, neigen sich die Häupter der Matrosen
tief und der Abglanz einer unaussprechlichen Rührung malt sich auf dem Antlitz dieser einfachen
Menschen.
Am Sonnabend, 2. Mai, nehmen wir das heilige Abendmahl. Nachts, bei Anbruch des höch-
tens Feiertages, beflügelt ein Hauch übernatürlichen Lebens Tausende russischer Seelen. Vom
„Monomach“ und „Nachimoff“ , vom „Koreaner“ ,
„Mandschur“ , „Biber“ und „Dschigit“ sind zum
Mitternachtsmahle beim Thronfolger alle Com-
mandeure, sowie sämmtliche Offiziere der „Pamjat
Asowa“ eingeladen.
Im Laufe der letzten Woche machten sich
die erlauchten Reisenden allmählich mit der Stadt
und der nächsten Umgebung bekannt Sie bewahrten,
soweit es möglich war, bei solchen Ex-
cursionen ihr Incognito; der offizielle Empfang
wurde bis auf weiteres verschoben.
Einer der interessantesten Abstecher, den
wir machten, war unter anderm der in das Dorf
Inassa, das in englischen Werken als „russian
settlement“ oder „russian village“ bezeichnet wird.
Die Sache verhält sich so. In den. fünfziger
Jahren, bald nach dem Krimkriege, litt der
„Askold“ unter dem Commando Unkowskij’s im
Chinesischen Meere entsetzlich unter einem Taifun.
Seine Rettung verdankte er nur der Selbstaufopferung
des Oberoffiziers Selenoj und des ersten
Lieutenants, meines Vaters, die sich mit einigen
aus der Mannschaft auf die Raaen schwangen,
um in der Dunkelheit oben, vom Sturmwind umtost,
an einigen Stellen das Takelwerk zu kappen.
Sechshundert Köpfe der Bemannung der
ausgebesserten Fregatte fanden Unterkunft und gast- b o n z e o k a m u r a .
freundlichen Empfang im buddhistischen Tempel
Gossindsi („Tempel des gütigen Denkens“ ) bei Nagasaki. Die Bewohner der dicht daneben
liegenden Niederlassung befreundeten sich mit ihnen, machten sich zum Theil die russische Sprache
zu eigen und bequemten sich den russischen Sitten an. In zwei hiesigen Wirthshäusern versteht
man sich auf die Bereitung unserer Nationalspeisen, hält russischen Branntwein, bezieht Weine
aus der Krim u. s. w. Für die Matrosen gibt es sogar ein japanisches Restaurant mit dem Aushängeschild
„Schenke Kronstadt“ . Die Bewohner von Inassa begegnen dem russischen Besucher
mit freundlichem Lächeln.
Der interessanteste Punkt von Inassa ist zweifellos- der Friedhof. Hier ruhen Dutzende
unserer Landsleute, für deren Gräber kameradschaftliche Hände noch immer sorglich bemüht sind.