
Fliesenthee fabricirt. Die Ziegel werden aus allerlei Resten und Abfällen geformt, die nach der
Durchsiebung der Blätter der kostbaren Pflanze übrigbleiben. Es sind trockene Stiele, Wurzelfasern,
Knospen und Staub. Dieser Thee wird in Ungeheuern Mengen auf den Plantagen aufgekauft.
In der Fabrik füllt man ihn in Leinwandsäcke mässiger Grösse, die. man auf eine Viertelstunde
in die Dampfwanne legt. Von da schüttet man die Masse in dicke Holzformen mit dicht-
schliessenden Deckeln und bringt sie unter eine Presse, deren Aeusseres an' einen riesigen Nussknacker
erinnert. In guten Fabriken, wö kein Mangel an Formen -ist, wird das gepresste
Material mehrere Tage lang gepresst
und getrocknet.
Zur Herstellung des Fliesenthees.
bedarf man, wie zur Ghocolade-.
fabrikation, einer starken hydraulischen
Presse, die dem Product das Aroma
besser bewahrt und ihm zum Versand
in die Ferne bessere Haltbarkeit gibt.
Unsere Firmen versenden jährlich aus
Hankau mehr als iooooo Kisten Ziegelund
Fliesenthee (gewöhnlich gegen
17 0 0 0 0 ) , worunter höchstens der
zwölfte Theil Fliesenthee.
| Um acht Uhr abends war im
Hause Moltschanow ein Diner, das
unser Consul gab. An der Tafel mit
40 Gedecken nahmen ausser dem
Reisegefolge und den russischen
SchifFscommandeuren auch die ältern
Mitglieder der Colonie und die ausländischen
Consuln theil. Die letztem,
wie auch die Herren vom Municipali-
tätscomitd, das sich zur Beaufsichtigung
der Decoration und Illumination
der Stadt gebildet hatte, stellten sich
dabei dem Grossfursten vor. Die Beleuchtung
sowie das ausserordentlich
efFectvolle chinesische Feuerwerk zu
EINGEBORENE VOfa AMUR. , , , c Tt r r bewundern, das lern vom Uter aut
Einmastern abgebrannt wurde, hatten
wir vom Hafen aus Gelegenheit. Das europäische Stadtviertel, nicht allein der Quai, sondern
auch ’die von da aus unsichtbaren Gässchen , funkelten von Tausenden, buntfarbiger Lampions,
sowie von einer unabsehbaren Reihe von Transparenten mit Namensinitialen und Inschriften.
Eine ungeheure einheimische Menschenmenge, die sich trotz aller angewendeten Vor-
sichtsmaassregelri zum „Feuerfest“ durchzudrängen verstanden hatte, umringte die erlauchten
Reisenden in dichtem Kreise. Es wurde jedoch eine musterhafte Ordnung beobachtet.
Bevor der Grossfürst-Thronfolger nach dem Dampfer zurückkehrte, sprach er dem Veranstalter
des Festes, dem Engländer Price, seinen Dank aus. Ohne Hinderniss zurückzukehren,
erschien auf den ersten Blick sehr beschwerlich. Denn der Strom war dicht übersäet von den
Booten der neugierigen Eingeborenen, sodass man den Weg zum „Wladiwostok“ beinahe auf den
Köpfen der Chinesen hätte zurücklegen können. Doch es wurde anders. Als vom Ufer aus die
Abschiedshurrahs der Ausländer ertönten, machte die Masse Chinesen den Booten sofort mit tiefer
Ehrerbietung Platz. ______________
Montag, 20. April.
Der heutige Vormittag ist der Erwiderung des Besuches Tschang-tschi-tung’s gewidmet,
der ausserhalb der Stadt etwa vier Meilen weiter oben von Hankau wohnt. Seine Kaiserliche
Hoheit begibt sich dorthin unter seiner eigenen Flagge, aber auf der Jacht des Vicekönigs in
Begleitung unserer zwei Kanonenboote. Die hartnäckigen Gerüchte und Behauptungen, es herrsche
hier bei Behörden und Bevölkerung gegen alles Ausländische ein sehr grösser Hass, erweisen sich
in Bezug auf uns als grundlos. Die Chinesen wissen genau wer ihrer Feindschaft würdig ist, und
es fällt ihnen nicht im Traume ein, uns zur Freude unserer Widersacher eine Antipathie vor-
demonstriren zu wollen. Im Gegentheil, Tschang-tschi-tung, ein überzeugter Conservativer, gibt
den Russen augenfällig zu erkennen, was sein Volk von Russland hält. Der Empfang verspricht
noch feierlicher als der in Kanton zu werden. Aus ästhetischen Rücksichten soll er nicht in der
Residenz des Generalgouverneurs selbst stattfinden.
Die Haupt- und Residenzstadt der Provinz Hupeh, Wutschaiig, am rechten Ufer des Jangtse-
kiang, beherbergt gegen 300000 Seelen; sie ist von mächtigen Ringmauern umgeben und stark
befestigt, zählt man in ihr doch 400 Kanonen. Der Ehrenempfang des Grossfürsten-Thronfolgers
soll jedoch nicht dort, in den schmutzigen, volkreichen Strassen der chinesischen Hauptstadt,
sondern auf dem ihr gegenüberliegenden malerischen Hügel von Hangyang stattfinden. Dort
erhebt sich nahe bei der von den chinesischen Dichtern besungenen herrlichen „Insel der Papageien“
auf einem Abhang der Tempel „Tsching-tschung-kou“ mit dem „Pavillon des leuchtenden Stromes“ .
Dort wird das officielle Frühstück gedeckt.
Im Himmlischen Reiche gelten manche Tempel hergebrachterweise als eine Art Clubhaus, so
namentlich die cönfucianischen Hallen. In der Mussezeit pflegt man sich in diesen zu versammeln,
um sich bei Thee gemüthlich zu unterhalten.
Während wir uns langsam den Strom hinaufbewegen, erdröhnt von den Befestigungs-
werken von Wutschang der ununterbrochene Donner der Geschütze. An beiden Ufern sind ansehnliche
Truppenmassen aufgestellt, die uns mit Gewehrsalven bewillkommnen. Gegen fünfzig
kleine chinesische Kanonenboote geben dem kaiserlichen Gaste auf dem von der 'Sonne -vergoldeten,
von Segeln blinkenden Jangtsekiang das Geleite. Am Hafen, wo Seine Kaiserliche Hoheit
von Tschang-tschi-tung empfangen wird, erwartet ihn wieder die gelbe kaiserliche Sänfte, die der
Etikette .gemäss von acht Mann getragen wird. Für den Prinzen Georg von Griechenland
steht ein grüner Palankin mit vier Trägern zur Verfügung. Der Aufstieg zur Anhöhe geht durch
ein buntes, mit farbigen Porzellantöpfen geschmücktes Zeltdach. Das zum Empfang aufgestellte
Beamtenpersonal präsentirt sich in höchster Gala.
Am Schlüsse des endlosen Bankets bringt der ehrwürdige Generalgouvemeur inmitten der
mit Flaggen geschmückten Tempelgebäude einen Toast aus auf Seine Majestät den Zaren und'Ihre
Majestät unsere Kaiserin. Er hebt dabei hervor, dass man sich in China der hohen Bedeutung
des Besuchs des russischen Thronerben sehr wohl bewusst sei und welchen Werth man auf die
Fortdauer der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten lege. Der Thronfolger
trinkt die Gesundheit Ihrer Majestäten, des Kaisers von China, der Kaiserin-Witwe und der
jungen Kaiserin.
Unübersehbare Massen Volkes erwarteten die Ankunft Seiner Kaiserlichen Hoheit in
Tsching-tschung-kou. Die Bewirthung zeichnete sich durch den bei solchen Gelegenheiten üblichen
Orientreise. II.