
3 36 AUF DEM JANGTSEKIAN G.
kurzem waren österreichische Handelsschiffe in China etwas Unbekanntes, heutzutage aber sieht
man sie schon zahlreich. Wenn sich die Europäer das Recht erwerben, tiefer in das Land einzudringen,
so lässt sich die ungeheuere Grösse der in Zukunft erfolgenden Handelsumsätze nicht
ahnen. Bisher übertrifft der Handel des Himmlischen Reiches mit den Besitzungen der Königin
Victoria den Handel Chinas mit Deutschland um das Zehnfache und mehr als zweihundertmal
Chinas Handel mit uns, die wir auf diesem Gebiete sogar hinter den Spaniern und Portugiesen,
den Schweden und Norwegern zurückstehen.
Auf meine Frage, wieweit sich die Wirkung des indischen Opiums auf die Bevölkerung
am Jangtsekiang angeben lasse, wurde mir die Auskunft, es gebe für letzteres in Hankau und
tiefer im Lande fast gar keinen Absatz. Der Bedarf wird durch die eigene Production gedeckt.
BURJATINNEN.
Schon lange vor den Engländern haben die Muhammedaner und Portugiesen Opium in
Makao und Kanton eingeführt. Seit alten Zeiten wurde dieser Handelsartikel, der in der Folge
innerhalb Chinas selbst in grösstem Maassstabe angebaut wurde, aus Indien bezogen und zwar
auf dem viel benutzten Ueberlandwege durch Tibet oder durch Birma und Yünnan, auf Wegen, auf
denen seit den ältesten Zeiten die Elemente der brahmanischen Civilisation nach China drangen.
Bisjetzt wird ausser dem indischen Opium und dem qualitativ schlechtem einheimischen, das
aber trotzdem grossen, stets wachsenden Absatz findet, türkisches und persisches in Ostasien
consumirt. Die Behauptungen bezüglich des Unheils, welches das Opiumrauchen anrichte, sind
(nach Pander s Meinung, der ich gern beistimme) sehr übertrieben. Das selbstgezogene chinesische
Opium wirkt zerstörender auf die Gesundheit als das gutartige eingeführte. Leute, die an den Opiumgenuss
gewöhnt sind, wie z. B. die kernigen, kräftigen Radschputen in Indien, leiden nicht nur
nicht darunter, sondern schöpfen aus ihm sogar neue Kraft zur Stählung des Organismus gegen
Krankheiten und Ermüdung.
Es stellt sich schliesslich heraus, dass Russland aus China ausser Thee nichts Nennens-
werthes importirt. Versuche, diesem anormalen Verhältniss abzuhelfen, sind noch nicht von Erfolg
gekrönt worden. Eine relativ glückliche Ausnahme macht das Petroleum. Noch vor nicht langer
Zeit fand es in China keinen Absatz, gegenwärtig wird allein über Schanghai für mehr als 6 Millionen
Mark eingeführt. Es ist erfreulich zu wissen, dass ein Drittel dieses Quantums auf,das russische
Petroleum wegen seiner Wohlfeilheit und geringem Entzündbarkeit entfällt. Unserm Petroleumexport
schadet die unbefriedigende Verpackung; dazu befindet sich das ganze Unternehmen in
VORNEHME EINGEBORENE VON DER RUSSISCH-CHINESISCHEN GRENZE.
den Händen englischer und deutscher Kaufleute, die ihren Bedarf in Batum selbst aufkaufen. So
wird die Antheilnahme unserer Petroleumhändler an der Entwickelung des Geschäfts von vornherein
vollständig brach gelegt. Traurig aber wahr!
An dem mit lucullischem Luxus gedeckten Tische im Hause des Herrn N. M. Moltschanow
unterhält sich der Grossfürst-Thronfolger mit den Vertretern der russischen Firmen.
Wir sind hier sozusagen im Vaterlande des Thees: .fast jedes Gespräch dreht sich um ihn.
Da auch die nächsten Plantagen von hier ziemlich entfernt sind, ist leider keine Möglichkeit gegeben,
uns an Ort und Stelle aus eigener Anschauung mit dem sehr interessanten Anbau bekannt zu machen.
Örientreise. II. ¿5