
mischten, zuweilen am Hofe Ungeheuern Einfluss gewannen oder auch wegen Schändung einheimischer
Tempel vertrieben wurden, ging die Mönchskaravane aus Transbaikalien zu den
albasinskischen Kosaken stets ruhig und ungestört. Die bescheidenen Ankömmlinge befassten
sich mit der chinesischen Sprache, bereicherten die Sinologie mit geschätzten Beiträgen, theilten
ihr Wissen mit den zu ihnen durch Sibirien gesandten Laienstudenten, blieben dem Proseliten-
thum fremd und trachteten nach keiner hinterlistigen, rein formalen Verschmelzung der heidnischen
Culturformen mit den christlichen, Rn Gegentheil, unsere angeborene Langmuth und
Sorglosigkeit gingen sogar so weit, dass die Colonie der Albasinzen durch Heirathen mit der
Bevölkerung der Umgebung ihren frühem Charakter, die heimischen Sitten, mit ihnen aber oft
auch zugleich die christliche Religion verlor. Während aus dem Missionspersonal eminente Sinologen
hervorgingen, wie z. B. Hyacinth Bitschurin, Palladius, verschmolzen die Albasinzen fast
ganz mit den Chinesen.
Die Regierung des Bogdychan blickte voll Sympathie auf die der westländischen Politik und
dem Fanatismus fremd gegenüberstehende russisch-griechische Gemeinde. Auch an kriegerischen
THEETRANSPORT.
Demonstrationen im Namen der Verteidigung angeblich christlicher, in Wahrheit rein commerzieller
Interessen betheiligten wir uns nie. Keinem unserer Mönche fiel es ein, den confucianischen
Grundbau der chinesischen Lebens- und Staatsordnung zu erschüttern. ■ Die Missionskaravanen
wurden immer in Troizkosawsk an der mongolischen Grenze ausgerüstet, nicht selten mit Hülfe
burjatischer Lamas, und auf den Kamelen halbwilder Heiden durch Urga nach Kalgan geschickt.
Die gutmütigen Buddhisten Transbaikaliens traten überhaupt auf Schritt und Tritt in so herzliche
Gemeinschaft mit der neu angekommenen weissen Bevölkerung, dass sie sich nicht selten mit ihr
verheirateten, an russisch-griechische Kirchen Opfer spendeten, andächtig zu christlichem Gottesdienste
zusammenströmten, die aus ihrer Mitte hervorgegangenen getauften Eingeborenen als zü
ihrer Sippe gehörig stets freundlich behandelten. Auch gegenwärtig befinden sich in Hankau in
stetem Verkehr mit uns zwei tüchtige Vertreter des russisch-chinesischen Theehandels, die Herren
Starzew und Malygin, Burjaten von der Selenga.
Das russische Asien durchlebt im Jahre 1891 eine der bedeutungsvollsten Phasen seiner
Entwickelung und seiner nicht durch allzu viele Freudenereignisse verwöhnten Geschichte. Die
frohe-, schon seit einigen Monaten dorthin gelangte Kunde, dass der Grossfürst-Thronfolger die
fernsten und ödesten Grenzgebiete seines Heimatlandes mit seinem persönlichen Besuche zu beglücken
beabsichtige, wird bald zu einer strahlendurchwirkten Sage, zu einem Ereigniss voll
tiefen Sinnes, zu einem neuen Morgenroth für das unermessliche Land, welches schon
seit zwei, drei Jahrhunderten innigere, brüderlichere Beziehungen zu Russland herbeisehnt. Wer
vermöchte diese vielseitiger und enger zu befestigen als der Erstgeborene des Zaren, der vom
selbstherrschenden Vater ausgesandt worden, sein Erbe in Augenschein zu nehmen, den Sibiriern
seine fürsorglichen, schöpferischen Gedanken zu übermitteln, seine schöpferischen Ideen über
die Nothwendigkeit, die orientalischen Grenzgebiete wachzurufen, das dortige düster eintönige
Leben mit vom Herzen kommender Freundlichkeit und Liebe glänzender zu gestalten? Die einfache
Thatsache, dass Seine Kaiserliche Hoheit vom Ussuri-Gebiet am Stillen Ocean nach Orenburg
reist, muss der Existenz Sibiriens einen unauslöschbaren Stempel aufdrücken, indem es in erster
Linie den hochwichtigen Beweis liefert, welch unzerreissbares moralisches Band die dortige Bevölkerung
mit dem Zarenhause verknüpft Unsere hauptstädtischen Regierungskreise sind von nun
an genöthigt, auf den fast über die Achsel angesehenen äussersten Orient mit ändern Augen
hinzublicken. Erwarten wir nicht mit Recht von diesen Grenzgebieten in nicht allzu ferner Zeit
ganz bestimmt einen mächtigen Schritt vorwärts auf der Bahn der Befestigung der russischen
Vorherrschaft in Asien ?
Das gewaltige Sibirien ist unsere Avantgarde. Seine von unerschütterlichem Muth und
Hartnäckigkeit erfüllten, in einer contrastreichen Natur abgehärteten Söhne, unsere „Helden
des jüngsten Sagencyklus“ , haben sie nicht ersichtlich in unser Volksleben jene einfachen, richtigen
staatsmännischen Anschauungen hineingetragen und.verkörpert, die das Russland vor Peter
dem Grossen über die halbbarbarische turanische Welt hegte und die uns zum Siege führten?
Unsere von heiligem Eifer flammenden mittelalterlichen Bischöfe, unsere über unsere nationale Ehre
wachenden Fürsten verkündeten den Beruf eines jeden Russen, auf den jeder bestimmten Begrenzung
baren Marken des Vaterlandes treue Wacht zu halten, patriotisch und doch human gesinnt
Gestalten wie diejenige Murawiew Amurskij’s hätten auf der europäischen Seite des Ural
infolge der dort herrschenden ungünstigen politischen Verhältnisse ihre Bürgertugend und ihren
Unternehmungsgeist niemals zur Genüge offenbaren können. Im Osten aber, wo Murawiew als
Generalgouverneur von Irkutsk sich frei entfalten konnte, erglänzten sein Selbstbewusstsein und
seine Willenskraft im vollsten Maasse. Mit Enthusiasmus vertiefte er sich (von den Ideen der
O'rientreise. II. ' . ...