
die Trupp.enabtheilungen auf dem Lande. Nicht.minder litten die SchifFsbesatzungen. Im Jahre 1 843
lag von anderthalbtausend Mann der Garnison ein jeder fünfmal im Hospital. Die weisse Bevölkerung
erkrankte in erschreckender Anzahl an Fiebern, eine Folge des unpassenden Baues der Wohnungen.
Diese lagen viel zu nahe dem Boden, dessen faulige Ausdünstungen die Atmosphäre vergifteten.
Die Chinesen hatten dieses betrübende Resultat auf Grund ihrer eigenen abergläubischen Merkzeichen
vorausgesagt.
Ein düsterer, erhabener Sinn liegt
in der Inschrift über dem Thore des
Hauptfriedhofs: hodie mihi, cras tibi (heute
mir, morgen dir) — eine Wahrheit, die
für die hierher zum Picknick kommenden
englischen Residenten ziemlich unangenehm
klingen mag. Am Eingang werden
Früchte und I erfrischende Getränke zum
Verkauf angeboten. Den Asiaten ist aus
Rassenhochmuth der Zutritt zu den Gräbern
der Europäer untersagt! Singvögel
zwitschern in dem über den Denkmälern
emporrankenden Grün, darüber ragen als
schützende Wand finstere Felsen empor.
Gegenwärtig kämpfen die Aerzte mit
der Malaria erfolgreich; sie heilen die
Kranken- mit Arsenik oder mit Eiscom-
pressen. Der verhältnissmässig niedrige
Procentsatz . der Sterblichkeit täuscht aber
etwas, denn entnervte und dahinsiechende
Colonisten begeben sich jetzt mit grösserer
Leichtigkeit als früher in die Heimat, und
so entzieht sich eine grosse Anzahl von
Personen, deren Gesundheit untergraben
ist, der genauem Berechnung.
Aus dem „Glüeksthal“ kehren wir auf
der „Königsstrasse“ nach Victoria zurück.
Ein anderer Ausflug galt dem die
Stadt überragenden Berge. Die Besteigung
des steilen „Victoria Peak“ ist bedeutend
erleichtert durch eine 1888 erbaute Draht-
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und offene kleine Waggons unter Anwendung
/eines endlosen Metallseils ziemlich rasch in Bewegung setzt. Der Zug, der bergab
gleitet, zieht einen ändern bergan. Das Gefühl, das einen dabei zuweilen befällt, gehört nicht zum
angenehmsten, doch soll die zehn Minuten währende Fahrt vollkommen gefahrlos sein. Wenn
das Drahtseil selbst reissen sollte, so könnte man die Wagen doch, wie es heisst, sofort bremsen.
Der Berg, den wir bestiegen haben, ist durchschnitten von Wasserrinnen, Hohlwegen und
Schluchten. Zur Regenzeit stürzen durch sie die Wassermassen mit solcher Gewalt zu Thale, dass
man ihrer verheerenden Wirkung nur mit Mühe begegnen kann.
Auf dem Gipfel, etwa 600 Meter über dem Meere, erhebt sich ein Hotel erster Klasse. Hier
nahmen Ihre Hoheiten das Frühstück ein, voll Entzücken über die unvergleichliche Aussicht auf
den Ameisenhaufen von Stadt da drunten, auf den sich weit ausbreitenden, gelben Felsarchipel,
der von dem tiefen Türkisblau des Meeresspiegels und von einem lichten Nebelschleier umsäumt wird.
Wenn man von oben durch ein Opernglas auf die Rhede blickt, kommt einem jedes dort ankernde
europäische Schiff wie ein Bienenstock vor, an dem zahllose Bienen, die Sampane, hängen. Da
und dort blicken in der Ferne zwischen den öden Inselchen entzückende kleine Buchten hervor.
Die wohlhabende Bevölkerung von Hongkong sucht auf dem „Victoria Peak“ häufig Erholung
und Kühle, denn die Treibhaustemperatur am Ufer entkräftet in kurzer Zeit die Ankömmlinge.
Doch auch hier oben hat das Leben seine Schattenseiten. Die feuchte Luft und der dichte Wolkenschleier,
der die Höhen umgibt, legen sich auf sämmtliche Gegenstände, verderben das Papier und
die Kleider, erfordern ein beständiges Trocknen am Kamin und versetzen schliesslich den Europäer
in unerträgliche Schwermuth.
Der gegenwärtig ruhige Hafen wird periodisch von den Verheerungen der von Formosa
kommenden „Taifune“ (von.taiwan, grösser Wind) heimgesucht.
Mit furchtbarer Gewalt bricht .der Taifun hauptsächlich über die Stadt
Victoria herein, das unmittelbar benachbarte Festland bleibt mehr verschont.
Sobald die armen Schiffer aus gewissen zuverlässigen Anzeichen
.das Herannahen des Sturmes erkannt haben, retten sie sich
schleunigst von der Rhede unter den Schutz des vaterländischen
Bodens. An Wuth und Länge der Dauer lassen die Orkane hier
alles hinter sich, was die Einbildungskraft sich vorstellen kann. Die
Colonie hat darunter schon häufig nicht weniger gelitten als unter
einem Bombardement.
•; ; ;Sogar. der Zimmerschmuck im Innern der Häuser geht bei
solchen Katastrophen in Trümmer. Fensterläden werden vom Orkan
fortgerissen, sodass die Räuber leichtes Spiel haben, nächtlicherweile
in die Wohnräume der Weissen einzudringen. Eines Tages
wurden vom Sturme die Dächer des Gefängnisses und der Gouverneursresidenz
auf dem Berge fortgetragen, und die prächtige
CHINESE IN WINTERTRACHT.
Thurmuhr des Rathhauses nahe am Hauptlandungsplatz kam um ihren Mechanismus. Eine Unmasse
von Bäumen wird gewöhnlich entweder mit der Wurzel ausgerissen oder von der Rinde gänzlich
entblösst. Die Telegraphenlinien, aber auch1 das unterseeische Kabel, litten oft genug von dem
schrecklichen Naturereigniss. Auch einen einheimischen Tempel ereilte die Katastrophe, und das
abergläubische Volk erbebte, als es hinter den zusammengebrochenen Wänden die Götter über dem
Altar regungslos thronen sah.
Noch wilder soll der Sturm in Makao wüthen. Tausende von’ auf dem Wasser wohnenden
Chinesen treiben dabei als verstümmelte Leichen- ans Land, und ein Dampfer wurde einst
weit in die Felder hinein geschleudert
Während wir mit der Drahtseilbahn herabfuhren, schien sich infolge optischer Täuschung
die ganze Stadt unter uns auf die Seite zu neigen.
Seine Kaiserliche Hoheit besuchte während seines zweiten Aufenthalts in Hongkong einige
Raritätenkaufläden. Dieselben liegen an der Haupt- oder sozusagen Gründungsstrasse der Stadt,
in der Queen’s Road, längs welcher sich kühlungspendende bedeckte Säulengänge hinziehen.