
mittel des Landes kamen die Mönche dazu, die Eigenschaften der giftigen Schlingpflanze „Hoang-
nan“ (Strychnos gautheriana) kennen zu lernen, mit welcher es den unserer Heilkunde fast unzugänglichen
Lupus zu .heilen gelingt Auf dieselbe Weise, wie die. Giftpflanze zur Heilpflanze wird,
dürfte auch die Kenntniss der innern Welt der Annamiten und die richtige Leitung des Volkes
schliesslich eine Quelle des Segens werden. Möge es den Heilsverkündem aus dem Westen
baldigst gelingen, die gesunde psychische Anlage des eingeborenen Heiden mit der christlichen
Weltanschauung zu adeln!
Nicht selten bekommt man die Frage zu hören, ob die Wahrscheinlichkeit dafür spreche,
dass Frankreich die so weit entfernte Colonie auf die Dauer in seinem Besitz zu erhalten vermöge.
Zur Stunde gibt.es darauf nur eine bejahende Antwort, wie denn auch die auswärtigen Beziehungen
der Republik einer solchen vollauf entsprechen.
Die Basis der Colonie ist vor jeder Invasion und vor zufälligen Aufständen in der Nachbarschaft
gesichert. In Saigon befindet sich ein ausgezeichnetes Arsenal mit einem Schwimm-
und zwei Trockendocks, von denen das eine genau dem von Toulon nachgebildet ist. Die Lager
der ausgezeichneten tonkinesischen Steinkohle, die im Stande wäre, im Stillen Gcean die Kohle
von Cardiff, Newcastle, Australien und Japan zu verdrängen, sind nach der Aeusserung der com-
petentesten Ingenieure unerschöpflich. Gestützt auf eigene Bergwerke des „schwarzen Diamanten“ ,
bewahrt das französische Indochina jetzt und später eine ganz unverwundbare Stellung und bildet
über ein weites Gebiet hin eine ernste Drohung für England.
Indessen ist die Organisation einer erfolgreichen Ausbeutung dieser Kohlengruben durch
die Ironie des Schicksals nur mit Hülfe der Kapitalisten von Hongkong entstanden! Jetzt haben die
Franzosen weiter nichts zu thun, als sich in dem verhältnissmässig nahe gelegenen, blühenden
Jünnan neue Märkte zu erobern, was dem auf ändern Wegen dorthin vordringenden Handel
Grossbritanniens Ungeheuern Abbruch thun würde. Auch sollten die Franzosen eine eigene Handelsflotte
nach dem fernen Osten entsenden und nicht der germanischen Unternehmungslust den
Vorrang einräumen. Endlich und vor. allem müssten sie im Lande ansässig werden, wie wir in
Centralasien ansässig sind; dazu kann sich aber der moderne Franzose selten entschliessen.
Seine Kaiserliche Hoheit hat die Hauptvertreter der Colonie zu sich zum Frühstück auf die
„Pamjat Asowa“ .eingeladen. Er ersuchte dabei Herrn Piquet, den Einwohnern von Saigon seinen
Dank für den- gastfreundlichen Empfang auszudrücken.
Man meldete uns dann die unerwartete Ankunft einer kleinen Deputation von Eingeborenen
aus dem benachbarten Dorfe Fukeu im Kreise Tudaumot Dort hatte man uns programmgemäss
eine Jagd auf wilde Thiere im rein annamitischen Geschmack aufführen wollen.
Die hiesigen Bauern sind nämlich sehr verwegene Leute, die, nur mit Lanzen bewaffnet,
oft gruppenweise zum Kampfe gegen Tiger ziehen. In einem an dieses Dörfchen anstossen-
den Walde war alles zum würdigen Empfange Seiner Kaiserlichen Hoheit reichlich vorbereitet.
Als nun zu den armen Landleuten die Nachricht gelangte, dass der Besuch ihres Dschungels
aus Mangel an Zeit aufgegeben worden sei, wurden sie betrübt und ordneten einige Bonzen und
Aelteste ab mit dem Aufträge, dem Gaste aus dem mächtigen Norden (aus der Zauberprovinz
des „schwarzen“ Tigers), dem hohen Reisenden, der , soeben noch das den Buddhisten heilige
Indien besucht hatte, ihre tiefgefühlte, .aufrichtige Verehrung zu bezeugen.
Die Eingeborenen erschienen in Begleitung ihres Gemeindevorstehers, eines sympathischen
jungen Beamten, und überbrachten zwei lebendige Panther, einen rothlackirten Thronsessel, Ngai long,
von mässiger Grösse, mit vergoldetem Drachenornament an den Lehnen und auf dem Sitze selbst
DER ANNAMITISCHE GENIUS DER JAGD.