
um seinen fürstlichen Gebieter zu rettén, den er nur noch anflehte, für die Zukunft seiner Waisen
zu sorgen. Alsdann stürzte sich der treue Diener unter die Füsse des Titanen und wurde von
demselben aus Wuth zerstampft, worauf das Thier sich plötzlich seines Betragens schämte und
sich zufrieden gab. Der Beherrscher von Hindostán spendete, um dem Himmel seinen Dank
für' seine wunderbare Rettung auszudrücken, den Armen sofort 200000 Rupien und zog die
Söhne des Getödteten an den Hof.
Der Orient behandelt die Elefanten ganz anders als das classische Alterthum. Im Orient
hat man sie jederzeit geachtet und hätschelt sie bis zu einem gewissen Grade noch jetzt. Im.
Abendlande haben sie stets entweder zu mörderischen Feldzügen oder nur zur Kurzweil gedient,
Im Circus zu Rom zwang man zwanzig solcher Giganten, gegen eine Abtheilung von fünfhundert
Füssgängern zu kämpfen. Besondere Gladiatoren (bestiarii) traten in diesem wahnsinnigen Kampfe
auf. Der Kaiser Commodus, der sich aus den Reihen solcher Athleten auf den Thron
geschwungen hatte, versuchte seine Kraft mit Erfolg an Nilpferden und Tigern, worauf er sich
entschloss, es sogar mit einem Elefanten aufzunehmen, den er auch erlegte/.
Damals war es üblich, an Festtagen zahme Riesenthiere vor die Wagen der Fürsten oder
vor die Götterbilder zu spannen. Dieser Brauch kam in den Tagen des Augustus auf. . Die; folgsamen
Thiere wurden ausserdem zu grossen Schauspielen verwendet, indem man sie an com-
plicirten Pantomimen theilnehmen liess. Dieser und jener wurde in die Tracht wirklicher
Schauspieler gekleidet, oder musste auf Tragbahren einen sich krank stellenden Kameraden schleppen,
sich mit Geberdenspiel- an Tische setzen, auf denen Speisen in kostbaren Schüsseln standen, auf
zwei straffgespannten Tauen aus der Arena zu einer erhöhten Stelle des Platzes hinansteigen,/und
was dergleichen Tollheiten mehr waren. Noch unter der Türkenherrschaft hielt man in Konstantinopel
Elefanten, die sich aufs Tanzen verstanden und die Zuschauer mit Ballspiel unterhalten
mussten.
Man kann die vierfüssigen Ungethüme, die man im Mittelalter in das Innere von Europa
brachte, fast an den Fingern abzählen. Einen führte man zur Schau nach Ungarn; er war für
den mächtigen Avaren-Khan bestimmt, der damals über Pannonien und die südrussischen
Steppen herrschte. Ein anderer kam als Geschenk des Khalifen Harun-al-Raschid für Karl den
Grossen nach Aachen. Der sächsische Chronist, der den Ruhm seines Herrn verkündete, schreibt
bei Gelegenheit der Ankunft des asiatischen Riesenthieres: „mira spectacula regno Francorum
dederat“ . Die Kreuzfahrer nahmen zwei oder drei solcher für den Norden wunderbaren Thiere
mit nach Hause: derjenige, der den heiligen Ludwig begleitete, kam später nach England. Die
Portugiesen sandten im Jahre 15 14 dem Papste aus Indien einen drolligen kleinen Elefanten, der
sich bei der ersten Begegnung dreimal vor ihm auf die Knie niederliess. Berühmt ist auch das
Exemplar, das im Jahre 1562 dem deutschen Kaiser von Philipp II., König von Spanien, verehrt
wurde. Den nächstfolgenden wandernden Elefanten bekamen die Deutschen im Jahre 1.629 zu
Frankfurt a./M. und in Nürnberg zu sehen.
Im Orient hatten die Elefanten, wenn sie besonders gross waren, nicht selten einen sehr
hohen Werth, der zeitweise auf einige zehntausend Mark stieg. Das Volk hatte seine Freude an
ihrer Grösse, aber niemals spielten die Riesenthiere dort die traurige Rolle, die ihnen im Abendlande
beschieden war. Hier, im Vaterlande und sozusagen im Reiche der Waldtitanen, wurden
sie. von einem viel sympathischem Gesichtspunkte aus betrachtet Man rottet sie, was das
Wichtigste ist, nicht in maassloser Menge aus, nur um möglichst viel Elfenbein zu gewinnen,
wie dies z. B. im Innern des „schwarzen“ Erdtheils geschieht, sondern man zähmt ihrer nur
so viele, als man zur Hülfeleistung für den Menschen bedarf. Das Elfenbein, das seit unvordenkliehen
Zeiten selbst in den Mittelmeerländern hochgeschätzt wurde (von dem in China zu. kunstgewerblichen
Arbeiten verwendeten gar nicht zu sprechen), entflammte die Selbstsucht • der Orientalen
IM HOFE DER KÖNIGLICHEN PAGODEN.
nicht in dem Grade, dass sie darüber das Gefühl des Mitleids gegen den Freund, und.
Genossen der asiatischen Cultur, den Elefanten, gänzlich vergassen.