
ohne Wohlklang: Devaputr Debprajunh, Devadhita Manimekhala, Asura Ramasura. Eigentlich soll
die ganze Handlung hoch oben in der Luft oder auf den schneebedeckten, den Sterblichen unzugänglichen
Scheiteln des Kailasa-Gebirges sich abwickeln. Um so drolliger wirkt es, diese Wesen
aus einer höhern Welt abwechselungsweise auch einen alten chinesischen Tanz oder einen Schottisch
Ausfuhren zu sehen. Fürwahr, solche Contraste sind nur in Siam denkbar!
In zwei Reihen auftretend, gewähren die weissgeschminkten Tänzerinnen mit ihren spitz
auslaufenden, pagodenähnlichen Helmen und ihren Emailhalsketten zunächst den Anblick einer
dicht verschlungenen Masse von Seide, Silberschmuck und Vergoldung. Wenn man das blendend
wirkende Ballett sich entfalten sieht, so denkt man unwillkürlich an die Marutas, die Verkörperungen
des Sturmwindes in den Vedas. Der siamesische Tanz und die ihn begleitende Musik hat
weder mit dem indischen noch mit dem ägyptischen Aehnlichkeit. Es wohnt seinen ziemlich
raschen Bewegungen ein hohes Maass von Grazie in ne; trotz einer gewissen Monotonie ver-
rathen sie nichts Orientalisches. Indem die Mädchen eine endlose Pantomime aus dem Leben'
der seligen Himmelsbewohner spielen, nehmen sie mit grösster Behendigkeit und Geschmeidigkeit
jede beliebige, wenn auch noch so schwierige Stellung ein.
Die Schauspielerinnen tragen nach indochinesischer Sitte an ihren Fingern auffallend lange,
geradezu krallenartige Nägel als Zeichen aristokratischer Standesangehörigkeit. Die Tänzerinnen
begleiten dann und wann sich selbst mit Gesang, an ihren nackten Füssen klingen kostbare
Spangen, und Castagnetten klappern den Takt zu dem strahlenden Reigentanz . . . Ein schöner,
aber auch ermüdender Anblick!
Sonntag, 22. März.
Ihre Hoheiten begeben sich morgens mit dem Dampfer nach Bang-pa-in, der von der
Hauptstadt ziemlich entfernten vorstädtischen Residenz Seiner Majestät Der König ist schon
vorher dahin gefahren, um den Kaiserlichen Gast zu empfangen. In dem Augenblicke, wo wir
uns der Residenz auf-einem Nebenflüsschen des Menam nähern, taucht aus dem Baumdickicht
am Ufer ein Tempel in gothischer Bauart empor, der uns mit seinem Glockengeläute zu bewillkommnen
scheint Es ist ein Hoftempel des Landesherrn, gebaut und eingerichtet in abendländischem
Geschmack. Im Innern befinden sich eine Kanzel, Bänke und eine Orgel; am Altar
gewähren die Figuren von Rittern einen mehr als befremdenden Anblick.
Bei diesem Tempel verbringen, gleich ändern Unterthanen, siamesische Prinzen ihr Noviziat,
die, einem uralten Landesbrauche gemäss, auf eine bestimmte Zeit ins Kloster gehen müssen, um
sich in der Demut und den übrigen buddhistischen Tugenden zu üben. Selbst der Thronerbe
wird dieser religiösen Pflicht nicht entbunden und geht oder fährt in einem Boote jeden Morgen
im gelben Mönchsgewande von Wohnung zu Wohnung, vom Reichen zum Armen, um Almosen
zu sammeln, welche die Liebe und Verehrung des Volkes der Priesterschaft zum Opfer bringt
Der Geistliche, der mitleidsvoll diese Darbringungen eines Laien entgegennimmt, erweist damit
dem Spender nur eine Wohlthat, denn dieser ist ängstlich bemüht, für seine Selbstvollendung,
für sein Seelenheil zu wirken und zwar dadurch, dass er seine Dienste der „Sangha“ widmet,
der Bruderschaft Buddha’s, die, nebst zwei ändern, den Bildsäulen des „Lehrers“ und dessen Lehre,
von jeher dem Volke als ein allergrösstes Kleinod vermacht ist
Der Ort Bang-pa-in, den man für die königliche Residenz mit ihrer Reihe von Palästen
und Häuschen innerhalb eines schön angelegten Parkes und eines Kanalnetzes ausgewählt hat,
diente von alters her der geistigen Sammlung und Erholung der einheimischen Herrscher und zwar
noch.seit jener Zeit, da sich in der Nähe das wichtige mittelalterliche Centrum des Landes, die
Hauptstadt Ayodhya, erhob.; Am kleinen künstlichen See bei der Residenz stehen Prunkpavillons
und Kioske europäischen Stils, ausserdem ein seltsames Gebäude, eine Art Plattform-Colonnade
auf Pfählen, mit einem kunstvoll ausgebogenen, nach dem First zu sich zuspitzenden, aus
vier Etagen bestehenden
Dache. Mit der ganzen
chinesischen Wunderlichkeit
seiner Umrisse ' erinnert
letzteres, wie auch
sonst vieles in dem kühnen
Baustil Siams, auffallend
an die Kammfirsten
der ältesten norwegischen
Gebäude (Sta-
vekirker) mit dem Schuppenpanzer
ihrer Dächer
oder an manche altrussische
Bauten. Marmortreppen
führen zur Spiegelflut
hinab. Elegante
kleine Brücken verbinden
ein Inselchen mit dem
ändern, und jedes von
diesen selbst macht aus
Bang-pa-in ein währes
Elysium. Ueberall Schatten und
Kühle, Springbrunnen und Bildsäulen,
Käfige mit weissen Affen
und Vögeln.
Der König und die Prinzen
geleiten die erlauchten Reisenden
von der Anfahrt zu ihren Gemächern.
Für den Grossfürsten-
Thronfolger ist ein mit feinstem
Geschmack und Comfort luxuriös
ausgeschmücktes, entzückend schönes
Chalet eingerichtet Auch für uns fehlt
es nicht an allerliebsten bequemen Cottages,
in denen für alles gesorgt ist, von japanischen
Bibelots bis zu adeligen Pagen, die sich
um das Wohl der Gäste mit würdevoller
Freundlichkeit bemühen. Selbst die einfachen
Ordonnanzen (Matrosen) unserer beiden Admirale,
der Commandeure des „Monomach“ und des
„Nachimoff“ , sowie die von Doctor Rambach finden sich in ihren Quartieren mit Flacons der
vorzüglichsten Odeurs, sowie mit den feinsten Seifen versorgt. Die sagenberühmte Gastfreundschaft
des Siamesischen Hofes war uns zwar, wenn auch nur im allgemeinen, längst aus
Büchern bekannt gewesen. Aber das, was wir hier zu sehen bekommen, was uns hier geboten