
IM R E IC H E D E R E L E F A N T EN .
O e v o r die erlauchten Reisenden die Hauptstadt verlassen (morgen dampfen wir den Strom
hinauf ins Innere des Landes), gilt es noch einen Besuch des sogenannten Goldbergs von
Bangkok, eines künstlich hergestellten Hügels. Derselbe ist citadellenaitig am Rande der Stadt
aufgeworfen, stark mit Bäumen bewachsen und mit einer kleinen Pagode gekrönt; die in Nischen
ringsherum mit Buddhabildern geschmückt ist
Der Weg zu dieser Sehenswürdigkeit führt durch unansehnliche Bazare. Unter den zum
Willkommen zusammengeströmten Massen wiegen die Chinesen vor, die, wie es scheint, mindestens
den dritten Theil der Bevölkerung des ganzen Königreichs bilden. Aus ihnen sind manche namhafte
Staatsmänner und Helden Siams hervorgegangen.
Die Eingeborenen kauern- in ihren kleinen Kaufläden auf den Fersen und kauen Betel.
Dieser besteht aus aromatischen, würzigen Blättern, durch deren Genuss sich die ganze Mundhöhle,
besonders aber das Email der Zähne blutroth und darin schwarz färbt. Die Frisur ist bei den
Weibern und Männern die gleiche: die Haare sind kurz und igelartig geschoren.
Die ausgestellten Waaren unterscheiden sich durch nichts Besonderes und bestehen zur
Hälfte aus billigen europäischen Manufacturen. Nur Götzenbildchen von mannichfaltiger Qualität
und Grösse sind recht stark vertreten.
Auf den Gipfel des Tempelhügels führen breite Stufenpfade. Von der ihn krönenden Galerie
aus eröffnet sich den Blicken ein wunderbares Panorama auf das von Wasseradern durchzogene
Bangkok mit seinem Meere von grauen Ziegeldächern, auf das sich gegen den Meerbusen hinschlängelnde,
breite Silberband des Menam, sowie auf die mit ihren spitzen Pyramiden zum
Himmel emporstrebenden Heiligthümer.
Es ist brennend heiss. Man bietet uns als erfrischendsten Trunk Wasser aus Kokosnüssen
an. Der scharfe, süsssalzige Geschmack der kühlen, milchartigen Flüssigkeit, die eine für den
Magen unschädliche Lösung von Eiweiss und Zucker enthält, ist recht angenehm.
Am Fusse unsers Hügels steht eine Gruppe von Tempelbauten, die dem Verfall entgegensehen.
In Siam ist es herkömmlich, solche Bauwerke zum Seelenheil der sie Errichtenden aufzuführen,
wobei Kosten und Dimensionen gar nicht in Betracht gezogen werden; die Fürsorge
für Instandhaltung der altersschwachen Gebäude gilt aber als überflüssig, da die Religionsvorschriften
nur den ersten Frömmigkeitsact besprechen.
Innerhalb der Umfassungsmauer eines nahen Klosters am Fusse des Goldberges wird die
landesübliche Verbrennung der von den Bonzen geweihten Leichname vorgenommen. Allerdings
werden hierher nur Anne - oder jlu te des Mittelstandes geschafft. Fürsten und Obeipriester,
Prinzen und Magnaten werden im Feuer mit grossartiger Prachtentfaltung bestattet, mit einem
¡¡p u s . ^er an Verschwendung grenzt. Der Scheiterhaufen verwandelt sich dabei' zu einem thurm-
hohen Aufbau von wohlriechendem Holz, Geweben und Schmuckgegenständen.
Der Todten aus den ändern Ständen harrt hier unten ein in ästhetischer Beziehung völlig
verschiedenes Los. Es geschieht öfters, dass, noch bevor die Flamme den Todten ergreift, ein
Orientreise.' II. '