
hier unter den Eingeborenen ein
grundloser, blinder Fanatismus
geherrscht, ihre Hauptstadt wäre
niemals dazu ausersehen worden,
dem aufklärenden Einflüsse des
Abendlandes auf die angrenzenden
Heidenländer zum Ausgangspunkte
zu dienen.
Die Buddhisten erwiesen dem fremden
Hierarchen als einer geistlichen Person alle Zeichen
tiefster Ehrerbietung. Allein die Portugiesen, die WAT t s c h e n g .
mit Siam in Handelsverkehr gestanden hatten,
besonders begreiflicherweise ihre Mönche, beargwöhnten in dem Ankömmling einen politischen
Feind: sie wollten im fernen Osten von einer Unterstützung durch Glaubensgenossen mit
einer weitem, humanem Weltanschauung nichts wissen. Zum Glück für den armen Bischof
traten die Indochinesen und die Holländer für ihn ein, sonst würden ihn die Portugiesen
gewaltsam ergriffen und nach Goa übergeführt haben. Als er, nach siebzehnjähriger Arbeit,
abgezehrt von den beständigen Hin- und Herreisen nach und von den annamitischen Gemeinden,
auf dem Menam starb, versammelten sich alle hier befindlichen Europäer (sowol
Protestanten als Katholiken), Armenier und japanischen Emigranten, darunter auch die unge-
tauften Miethssoldaten aus der Leibwache des Königs, zum Begräbniss des in so hohem Maasse
würdigen Predigers.
Hätten die indochinesischen Herrscher dem Christenthum nicht volle Glaubenstoleranz und
Humanität entgegengebracht, würden sie dann wol Bischöfe aus dem Abendlande, in deren Person
sre die Abgesandten des Papstes ehrten, in feierlichen Audienzen empfangen haben, wie das z. B.
im Jahre^ 1675 in Siam geschah? Der König von Siam befahl sogar allen Ernstes seinen Geistlichen,
die Jesuiten in der einheimischen Sprache zu unterrichten und sie mit der Pali-Literatur im
weitesten Umfange bekannt zu machen. JedenMs lag die Möglichkeit offenkundig vor, mit
dieser Welt des Heidenthums in der ganzen Fülle ihrer mannichfaltigen Lebensformen in innige
Berührung zu treten und ein für allemal die Ueberzeugung zu gewinnen, dass und weshalb die
Religion Schakyamunis im orientalischen Volksgemüth so dauerhafte Wurzeln geschlagen hat Die
buddhistischen Mönche des südwestlichen Indochina dürfen zum überwiegenden Theile keineswegs
kategorisch unter die Faulenzer, unter die Schmarotzer ^der Gesellschaft gerechnet werden,
wie dies auf die Angaben gar zu vieler Touristen hin zu geschehen pflegt Die Centren der
buddhistischen Gelehrsamkeit sind öfters Pflanzstätten eines rechtschaffenen Lebenswandels und
der Arbeitslust Die buddhistischen Geistlichen sorgen für ihre Gartenanlagen und Felder, heilen
die Kranken., erziehen die Kinder und helfen den Armen, sodass es’ wahrlich seine guten Gründe
hat, wenn das Volk sie liebt und verehrt.
Vor uns liegt der Wat Pra Keo, „Wat“ heissen hier die grossen Tempel, die Klöster.
Um die Gemächer des Palastes Tschakra Kri erhebt sich hinter besondern Umfassungsmauern
eine ganze Gruppe von Gebetshallen des Königs selbst' Alles an ihnen, aussen und innen, ist
Orientreise. II.