
entstammen. Alsdann folgen vier buntgeschmückte weisse Riesenthiere,- Wenn man die Sehkraft
und vor allem die Phantasie anstrengt, vermag man an ihnen, wenigstens auf den Schultern
■und an den Ohren,; io etwas wie eine Blässe der Haut Wahrznifthmeri. Aber im grossen und
ganzen sind es eben Elefanten wie andere Elefanten. Die Abneigung gebildeter Siamesen, sich
über das Thema von der diesen Thieren gewidmeten Verehrung ins Gespräch einzulassen, ist
vollkommen verständlich.
Zu beiden Seiten,¡Sowie vor und hinter den Thieren schreiten in mittelalterlicher Tracht,
mit Bogen und Lanzen, königliche Leibwächter. Ein unten im Park aufgestelltes Orchester des
Königs spielt Stück um Stück, während wir das aus der Geschichte Siams herausgegriffene Lebens-
gemälde. betrachten. Wunderbar seltsam kommt es einem dabei vor, wie doch verschiedene
Opernmelodien und Walzer in das alterthümüche, heute nur noch dekorative Ritualleben des
Landes eindringen, wahrend • auch Muscheln ertönen und Tamtams lärmen! . Einst müssen.
... splche Proeessionen der Anlage und den Dimensionen nach: bedeutend reicher und grossartiger
gewesen -sein, i In der Leibwache: des Herrschers von Siam zählte man z. B. ir.
frühem Zeiten an ^sechshundert seltsam bewaffnete japanische Kämpfer, deren Tapferkeit überall in
Ostasien hoch im Ruhme stand.
Wenn man - s i# ; mit den Ereignissen aus der verhältnissmässig nicht sehr entfernten
Vergangenheit des Landes bekannt macht, so stösst man auf eine ganze Reihe v i f S ! unerwarteter
Thatsachen, die mit überraschender Beredsamkeit Zeugniss dafür ablegen, wie wenig
Rassenvorurteile das Verständige buddhistische Volk , am Menam stets genährt hat Als einige
ausserhalb des Gesetzes stehende Portugiesen in .der Mitte des. 16. Jahrhunderts sich anschiekten,
die Küsten von Atschin hart zu bedrängen, und die Handels- und Freundschaftsbeziehüngen von
Sumatra zu Siam abzubrechen drohten, da berief der damalige König janitscharen in seinen-
Dienst, Muhammedaner, die zufällig infolge Schiffbruchs aus Aegypten an die siamesische Küste
verschlagen worden waren. Ihnen übertrug"er für Schweres Geld die Aufgabe mit den europäischen
Piraten aufzuräumen. Soldaten aus der Türkei standen damals in Südasien wegen ihrer
Tüchtigkeit im Kriegshandwerk sehr hoch im Preise. Die Türken versprachen Hülfe und rüsteten
sich zum Feldzug. Allein auf der hohen See geriethen sie zwischen einigen Inseln in einen Hintere
halt und kamen, etwa dreihundert an der Zahl, fast alle um.
In dem vor uns sich dahinbewegenden Festzuge ragt besonders ein Kriegselefant mit
Stosszähnen von erstaunlicher Grösse hervor. Er trägt'eine kostbare Schabracke, fflfeber der'
„H o w d a “ (dem Sattel und Sitz) ist ein Baldachin befestigt An demselben prangen Fahnen und
Yakschwänze, auch allerhand blanke Waffen. Auf dem Thiere, dicht am Schwänze,, sitzt .der
Führer mit einer langen spitzen Hakenstange. Vor demselben schwenkt ein behelmter Mann im
Vorbeizugp ¡Pfauenfedern, in Nachahmung des die Schlacht ordnenden Feldherrn. Im fernen
Siam scheint man also auch die Würde zu kennen, die im classischen Abendlande der „Elephant-
arch“ (magister elephantorum) bekleidete. Wie viele Schlachten sind einzig durch die Elefanten
gewonnen worden! Welche Rolle im Leben der asiatischen Völker haben ganze Abtheilungen dieser
Riesenthiere gespielt! Im Abendlande wurden im Alterthum diese Ungethüme vor dem Kampfe
durch Gewürzweine berauscht, im iranischen Orient gab man ihnen zu diesem Zwecke den in
Gärung übergegangenen Saft von Zuckerrohr und Reis zu trinken, den man noch mit Laudanum
und Myrrhen versetzte; auf Ceylon berauschte man die Thiere mit Opium, im Lager des Grossmoguls
futterte man sie, um sie wild zu machen, mit Fleisch. Man kann sich leicht vorstellen,
wie schrecklich wüthende Elefanten hausten. Derjenige, der jetzt vor den Augen Ihrer Hoheiten
paradirt, imponirt allein schon durch die Majestät seiner Haltung. Wenn man ihn betrachtet, -
begreift man Alexander den Grossen, als er nach gewonnener Schlacht dem Himmel den edelsten
der auf der Wahlstatt erbeuteten Kri|j§titanen weihte. Der Eroberer befahl, einen riesigen Vier-
füssler mit Gold und Silber zu schmücken und seine Stosszähne mit einem Ringe zu versehen,
der die Inschrift trug: „Der Sohn des Zeus opfert diesen Elefanten der Sonne.“ Aus einem
analogen Beweggründe bildete man auf hellenischen Münzen in der Folge Elefanten ab, die eine
Fackel im Rüssel trugen, Elefanten, die Schlangen, zermalmen, und ähnliches mehr.
Die erlauchten Reisenden steigen von der Terrasse herunterj. um die siamesischen Kampf-
ungethüm| etwas näher zu betrachten, und begeben sich dann auf einen mit Stühlen überstellten
Rasenplatz, wo. man uns einigerniaassen mit dem Charakter mancher Nationalspiele und Volksbelustigungen
bekannt machen will. Ringet (Siamesen u g j Malaien) treten in die Arena. Bevor
sie. einander fassen, führen sie andächtig* die HändeBir Stirn tiiöd^ verneigen sich vor den hohen
Gästen. Das Verfahren im Zweikampfe ist ganz dasselbe wie tjS jim übrigen Orient.
Zwischen den Bäumen des Parks hervor.;t|iten auf kleinen feurigen Pferden originelle Reiter
mittelalterlicher Tracht. Die Gestalten sind wie aus halbphantastischen Landeschroniken herausgenommen,
aus Chroniken jener Zeit, da Indochina Von innerer Zwietracht und brudermörderischen
Kriegen, zerrissen wurde. Dip Ritter tragen Ringelp^nzer, im Gurtei Yatagane Diese, ins Fabelreich
entschwindenden Kämpfer erschienen hier in der Arena, um eine Vorstellung von einer mittelalterlichen
Lanzenschlacht zu geben. ' In alten Zeiten tödteie auf solche Weise einer der Fürsten von
Siam den Beherrscher von Birma,; worauf dessen, in Schrecken gesetztes Heer die Flucht ergriff
Einige unter den siamesischen Rittern halten in dem improvisirten Turniere kleine mit
Tigerfell überspannte Holzschilde in ader Hand. Dip, Pferde tragen henrhehpft SeEmuck aus Edelmetall
ur.d Seide. Die edeln Thiere aus den Nord-, den Laos-Provinzen, sind berühmt wegen
ihrer Schönheit und Schnelligkeit; sie gehen niemals im Gesckiir.i Drei Exemplare derselben
waren von dem verstorbenen König der Pariser „SqcKtö d’acclimatation“ geschickt worden.
Gleich nach dem Turnier beleben die Rennbahn 'geschickte Bällspider, in ihrer Art Künstler,
die diesen Sport in Birma und Siam zur höchsten Stufe der Vollendung S g e b ild e t hahert. Ihre
Bälle sind aus Rohr geflochten und leicht wie_Flaum_ Mit dem Fuss in die Luft geschleudert,,
dürfen dieselben, so lange nicht die Erde berühren, als die Geschicklichkeit der Mitspielenden ausreicht.
Diese dürfen den Ball keinesfalls mit der Hand auffangei und fortschleudern; vielmehr wissen
Sie demselben mit wirklich erstaunlicher Behendigkeit; upd; drqlligen Geb,erden bald den Elnbogen,
bald die ¿Schulter, bald den Scheitel, die Stirn, das Knie, die fe s e , den Rücken entgegenzuhalten.
Immer von neuem werfen sie den Ball empor und rennen rastlos hinter dem fortfliegenden und
niederfellenden her, wobei sich immer ein* vor dem ändern durch Geschmeidigkeit der Bewegungen
auszeichnet In den hellseidenen, dichtanschliessenden Gewändern mit kleinen. Kopfbinden
machen die siamesischen Sportsmen einen höchst ansprechenden ¡Eindruck.
Ihre Hoheiten verlassen den Park und spazieren unter den gewölbten Hallen; der Bambusalleen
in, ihre Gemächer zurück. Es ist schon ganz dunkel geworden. Aus Europa importirte
Statuen längs der zum Ausgang führenden Wege, - verbreiten weissen Schimmer. Die .schon
erwähnte Militärkapelle, alles echte'Siamesen, gibt uns mit entzückenden Melodien das Geleite,
mit harmonischen Klängen, die unsere Phantasie in die ferne Heimat tragen, weit hinweg von
dieser Welt, die uns mit ihren exotischen .Reizen umstrickt . . . V o j Wonne athmpt man auf
und kann nach der erdrückenden Hitkbi des Tages die balsamische Abendluft, die belebende Kühle
nicht genug einathmen.